Gestatten, Carmilla DeWinter, meines Zeichens Autorin. Von Phantastik.
Damit produziere ich Fiktion in einer jener Gattungen, denen gelegentlich Wirklichkeitsflucht vorgeworfen wird, vor allem von Menschen, die mit Fantasy nichts anzufangen wissen: „Kannst du nicht was Anständiges schreiben?“
Könnte ich, habe ich aber keine Lust drauf. Außerdem, wer sagt schon, was anständig ist, und was nicht? Serienkillerromane gibt es mit Sicherheit mehr als Serienkiller. Für die meisten Liebesromane, die ich kenne, muss ich mich mehr anstrengen, meinen Unglauben abzulegen, als für Terry Pratchetts Scheibenweltgeschichten, obwohl in Liebesromanen üblicherweise keine Zwerge mit Nachnamen Kleinpo auftauchen. Vielleicht meinen die Kritiker_innen auch, dass nur solche Texte anständig sind, die für Literarische Quartett passend wären, aber bei denen finden die viele Leser_innen unter all der kunstvollen Prosa und den liebevoll geschilderten Details die Geschichte nicht.
Und anständig schreiben kann ein_e Autor_in in jedem Genre, sogar in Fanfiction. Ob si_e_r das dann auch tut, ist eine andere Frage.
Für meinen Teil bevorzuge ich Geschichten, die eher figuren- als handlungsgetrieben sind, also Drama vor Action. Ich finde es auch nicht anrüchig, Fantasy zu lesen, oder zu schreiben. Zumindest bei mir ist das Motiv, Romane zu lesen, grundsätzlich das Gleiche, egal ob Krimi, Fantasy oder Historienschinken: Ich will mich in einem fiktionalen Traum verlieren. Ich will kurzfristig nicht da sein müssen. Wenn möglich, meinen emotionalen und geistigen Horizont ein wenig erweitern. Das geht auch mit Phantastik, aber eben in andere Richtungen. Zumindest steht der Beweis, dass eine Autorin mit sprechenden Drachen einiges über Menschen aussagen kann.
Als introvertierte Person halte ich mich sowieso den größten Teil des Tages in meinem eigenen Kopf auf – da ist das Lesen und Schreiben eine von mir geschätzte Möglichkeit, mich in anderen Köpfen aufhalten zu können, während ich mich in meinem eigenen Kopf aufhalte. Ob das Mitschaudern zu Aristotelischer Katharsis führt, sei dahingestellt, manchmal fühlt es sich jedenfalls so an.
Die menschliche Existenz ist, je nach Blickwinkel, häufig deprimierend, genauso häufig lächerlich, und noch viel häufiger langweilig. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass zeitweise geschätzte zehn Prozent der gesamten mittelalterlichen Bevölkerung Europas auf Wallfahrt waren. Nur, um der Langeweile zu entkommen. Lesen ist da weniger anstrengend und weniger gefährlich. Vor mir muss sich also keine_r deswegen rechtfertigen.
Wenn Sie mich also entschuldigen wollen: Ich bin dann mal weg.
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