Dear Chester Bennington,

when I drafted this piece, I was crying on a train after listening to One More Light the first time after learning about your death. I don’t know and don’t care if anyone noticed.

The album felt, in retrospect, like a farewell note combined with a „last lecture“ type of thing. Also in retrospect, I could see where the big black dog of depression reared its ugly head in the lyrics.

It’s almost exactly ten years that Linkin Park and your lyrics became a part of my life, when I saw Transformers and was totally captivated by What I’ve Done. I bought Minutes to Midnight, listened closely, then decided Linkin Park was my new favorite band, because that album resonated with me in a way that my old faves hadn’t managed in a while.

At the time, I had a few things going on.

One were ten year old regrets – there were dead people. One whom I wished I had asked questions, much like, ironically, people will now wish they asked you the right questions. Also, I’d lost all my remaining grandparents without standing up to my Nazi grandmother, without asking what my grandfathers had seen and done in WWII. (I will likely never get rid of these issues.)

Second, I’d just decided that I would sacrifice a considerable part of my income for my dream, some might say pipe dream, of working on a writing career that is, at the moment, still not what most people would consider a career. (But: I’ve had people find words like asexuality, aromanticism, genderqueerness. I’d like to think I’ve made a few lives better or richer, so, there. That’s all I can ask.)

Third, I was coming to the sneaking suspicion that the heterosexual norm for a woman my age – marriage, two point five children and a white picket fence – were neither what I wanted from life nor was it something that I would actively be able to stomach, on account of me probably not being heterosexual.

All these insecurities, regrets, vulnerabilies and also the anger (how dare people tell me I’m less because I don’t conform) seemed poured into Minutes to Midnight and into any other Linkin Park album I’ve listened to since then.

I adored the beats and the lyrics. Songs about being betrayed by someone close to you or marginalized by society at large. The strength in admitting to being hurt, vulnerable, angry and the strength of continuing despite these things.

In all this, these songs never seemed to have the context of romantic-sexual relationships – looking back on your history, I see why. It’s also what allows me to adore these songs to tiny little pieces. I do not have to reimagine myself into a heteronormative context to feel them.

Whether it was intentional or not, your songs are a respite from the heterosexuality present in a lot of other music, where, depending on my mood, it is sometimes very jarring to realize that someone created art that was never meant for me.

So. Thanks for creating an oasis.

Thanks for creating theme songs for many of my stories and characters. I believe my writing would have been different without your music.

I hope you’re in a place now where the weight on your shoulders is gone and where the demons didn’t follow.

 

Was man noch sagen darf

Derletzt habe ich mich mit einem befreundeten Autoren über folgende Phrase diskutiert: „aber das darf man heutzutage ja nicht mehr sagen“.

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Andere haben diese Phrase an anderen Stellen oft genug zerlegt, aber ich plane, die werten Kolleg*innen zu pieksen, von denen ich „aber das darf man ja nicht mehr sagen“ schon oft genug lesen musste.

Und ausgerechnet von Autor*innen finde ich das eine äußerst peinliche und kurzsichtige Form der Selbstbeweihräucherung.

Aber von vorne.

Ursachen

Wir stellen fest, dass heutzutage die Debattenkultur sehr zu wünschen übrig lässt. Derzeit sind Shitstorms, Mobbing und Beschimpfungen in fast jeder Nische von Social Media nicht mehr wegzudenken. Und live sieht es manchmal nicht viel besser aus.

Meine Lieblingsschrifstellerin N.K. Jemisin hat wohl aus solchen Gründen große Teile ihres Blogs verschwinden lassen, was sehr schade ist, denn sie hat viele kluge Dinge über Rassismus in Büchern geschrieben.

Aufgrund dieser kommunikativen Schieflage ensteht der Eindruck, dass manche Meinungen es mit mehr Widersprüchen zu tun bekommen als andere.

Konkret scheinen es häufiger die eher konservativen Menschen zu sein, die mit Vorwürfen von Rassismus, Homophobie, Tierquälerei und sonstigem überhäuft werden, je nachdem, wo sie ihre Meinung äußern. Das ist nicht schön, Leute werden mehr oder weniger grundlos verletzt, und es hilft der Diskussion nicht weiter.

Wer dann nicht nachdenkt, findet, dass „aber das darf man ja nicht mehr sagen“ ganz prima diesen Sachverhalt der Totschlagargumentation zum Ausdruck bringt und schreibt die Phrase einfach mal ab.

Wie verquer diese Denkweise ist, zeigt sich spätestens daran, dass diejenigen ihre kontroverse oder vermeintlich kontroverse Meinung ja eben doch in die Welt hinausposaunt haben, und zwar, ohne staatliche Zensur oder gar eine Verhaftung befürchten zu müssen.

Da also der Blockwart nicht die Gestapo gerufen hat und eins selbst unbehelligt weiter schreibt/spricht, ist der Inhalt der Phrase „aber das darf man ja heutzutage nicht mehr sagen“ sachlich falsch, sobald über die deutsche Gesellschaft gesprochen wird.

Damit beißt sich die Katze in den Schwanz:

Ohne die heutige Meinungsfreiheit hätten wir das Problem mit der Debattenkultur gar nicht: Alle dürfen die eigene Meinung öffentlich äußern (mit kleinen Einschränkungen, Aufrufe zum Mord beispielsweise werden nicht gern gesehen) und dazu gehört dann eben auch, dass ich Meinungen anderer Leute öffentlich als Mist bezeichnen darf.

Wir müssen also damit leben, dass andere unsere Meinungen mistig finden und uns das auch mitteilen

Aber das ist halt sehr unerotisch. Lieber behaupte ich, dass meine Meinung unterdrückt wird. Dann kann ich sicher sein, dass mich irgendwer bemitleidet und es ganz super findet, wie mutig ich meine Meinung gesagt habe.

Mut ist was Anderes. Tut mir leid, Leute.

Daher also mein Vorwurf der peinlichen Selbstbeweihräucherung.

Die Geister, die ich rief …

Nun ist es aber so: Indem zahlreiche Menschen fälschlicherweise behaupten, sie würden unterdrückt, entsteht eine Atmosphäre der Bedrohung. Manche Leute überlegen sich dann tatsächlich, was sie noch sagen dürfen. Und sie werden diejenigen hassen, die sie vermeintlich unterdrücken.

Furcht führt zu Hass. Das wussten schon die Jedi, aber die Botschaft ist noch nicht angekommen.

Es besteht Grund zur Annahme, dass manche Kräfte die Spaltung dieser Gesellschaft anhand von unversöhnlichen Meinungen voranzutreiben wünschen, und die monierte Phrase ist da eine erstklassige Möglichkeit.

Divide et impera – teile und herrsche – ist als Weisheit sogar noch älter als Star Wars.

Glücklicherweise gibt es aber Parteien, deren Wahlprogramme direkt oder indirekt davon sprechen, wieder mehr Ordnung und Sicherheit und Höflichkeit und gesunden Menschenverstand und Einigkeit in Deutschland fördern zu wollen.

Klingt auch erstmal ganz toll, nicht wahr?

… die werd ich nicht mehr los?

Bis dann die beispielsweise die AfD meint, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nahelegen zu müssen, dass das Idealbild einer deutschen Frau ist, drei Kinder zu haben, und dieses Idealbild auch schön immer gezeigt werden solle.

Und, sagen wir mal, in letzter Konsequenz würden dann meine Romane nicht mehr gedruckt, weil die ganz offensichtlich von der Genderlobby und der homosexuellen Weltverschwörung gefördert wurden, um die Jugend zu verderben.

Und eben nicht nur meine Romane. Wie lange würde es dauern, bis z.B. Amazon seine Regeln akzeptabler Texte in vorauseilendem Gehorsam einschränkt?

Wie lange bis zur echten Zensur,

… wenn wir weiter ohne Grund Furcht verbreiten, die Spaltung vorantreiben und zu viele Leute sich davon kopfscheu machen lassen?

Im einig Vaterland wird der Herrscher bejubelt, und sonst regiert die Grabesstille. Heißt, diejenigen, die nicht jubeln, werden schon mal einen Kopf kürzer gemacht.

Hatten wir schon mal, inklusiver Verbrennung nicht genehmer Bücher. Brauchen wir nicht wieder.

Und daher also mein Vorwurf der Kurzsichtigkeit, werte Kolleg*innen.

Ich hätte da wirklich Besseres von euch erwartet.

 


Bildquelle: Pixabay, https://pixabay.com/de/zensur-unterdr%C3%BCckung-schweigen-1315071/