Wir präsentieren: Beweisstück A – Neue Indizien

Hervorgehoben

Nach einigem Zittern und Bangen, ob wir den angekündigten Termin halten können, ist es so weit: „Beweisstück A – Neue Indizien“ ist bestellbar!

Was erwartet euch?

Mordverdächtige Filmdiven und Märchenprinzessinnen, die lieber einen anderen Job hätten. Teenager und ein Wertiger, die an den Erwartungen ihres Umfelds verzweifeln. Ein Schneider und eine Gruppe Freunde, die mit magischen Rätseln konfrontiert sind, während Nerds sich mit der Postapokalypse herumschlagen müssen.

19 Geschichten dienen als neue Beweisstücke dafür, wie farbenfroh die Palette an asexuellen und aromantischen Figuren sein kann und welch vielfältige Möglichkeiten das Leben jenseits klassischer romantischer Paarbeziehungen bereithält.

Mit Beiträgen von Annina Anderhalden, Annika Baumgart, Jay Blue-Corax, DasTenna, Carmilla DeWinter, Jens Gehres, Marcus R. Gilman, Kaj Iden, Gregor Jungheim, Katharina Lucas, Tanja Meurer, Morning Dew, Nayina, Lydia R. Noir, Finn A. Pieber, Juliane Seidel, skalabyrinth, Katherina Ushachov und Judith Wolfertstetter.

Der komplette Erlös geht an den InSpektren Podcast n.e.V.

Wo bekommt ihr das Buch?

„Beweisstück A – Neue Indizien“ mitder ISBN 978-3-7578-8600-4 hat 384 Seiten und ist als Softcover oder elektronisch erhältlich. Wie schon vor zwei Jahren hat DasTenna das Innenleben mit liebevollen Illustrationen ausgestattet. Wir empfehlen daher den Kauf des Prints statt des E-Books.

Am meisten Geld erhält InSpektren, wenn ihr direkt bei BoD ordert.

Ansonsten könnt ihr auch den kleinen lokalen Buchhandel via Genialokal unterstützen, oder beispielsweise szeneintern beim Buchladen Prinz Eisenherz bestellen. Außerdem könnt ihr euch an die größeren Niedergelassenen wie Thalia oder Osiander wenden oder die Kolleg*innen vom Versandhandel mit dem anderen A bemühen.

Edit 23/10/18 – Link geflickt.

Should auld acquaintance be forgot … oder: Abschied vom Amt

Ein Amt ohne Stempel? Undenkbar.

Es war 2014, als ich über eine ziemlich geile Idee stolperte, die Hagen Ulrich, Autor von Vampirromanen, hatte. Wenn in Deutschland alles verwaltet wird, muss es auch Vorschriften für magische Wesen geben. Und ein Amt, das sich um alles kümmert. Also, das Bundesamt für magische Wesen: Platz für gehobenen Nonsens und Satire.

Nicht nur ich fand die Idee anfangs sehr klasse, es entstanden bis 2016 zwei kleine Anthologien, ich schrieb einige Blogbeiträge für die zugehörige Internetseite. Ich half einmal beim Verkaufsstand bei der RingCon und beim CSD Köln aus.

Finanziell gelohnt hat sich das nie, aber ich hatte, als so langsam die Begeisterung in der restlichen Fantasy-Schreib-Szene nachließ und ein Verlag gegründet wurde, ein paar Aufträge für Lektorate.

Aber gleichzeitig fing es an zu knirschen.

Strike 1: Sprachverbote?

Da lieferte sich der Amtsleiter auf Twitter ein Gefecht mit mir lieben Kolleginnen ums Thema rassistische Ausdrücke. Nun bin ich grundsätzlich dagegen, irgendwelche Wörter zu verbieten und weiß durchaus, was Rollenprosa ist. Aber im Alltag tut es echt nicht weh, „Schokokuss“ oder „Schaumkuss“ zu sagen statt rassistische Ausdrücke zu reproduzieren, wenn es nicht absolut nötig ist. Ich kann mich noch lebhaft dran erinnern, dass ich mich als etwa Zwölfjährige über die geänderte Aufschrift auf einer Süßkram-Box wunderte, woraufhin mir meine Mutter erklärte, dass das M-Wort halt in dem Fall eine Beleidigung sei und dass man das nicht mehr sagen sollte. Und damit war die Sache bzw. der Schokokuss für mich gegessen. Damit will ich nicht behaupten, ich hätte keinen Rassismus verinnerlicht, aber zumindest in dem Fall hat’s gewirkt und ich vermisse im Alltag auch nichts.

Ich muss keinesfalls, um mich gegen ein vermeintliches Sprachverbot zu wehren, diverse rassistische Ausdrücke in meine Twitter-Timeline werfen, wie es der Amtsleiter tat. Da sehe ich dann keine Satire mehr, das ist, bestenfalls, Trotz.

Strike 2: Die TERF-Diskussion

Mit einer unreflektierten Verteidigung von J. K. Rowling ging es weiter. Wieder erst mal bei Twitter. Eine geschätzte Kollegin teilte irgendwas über Rowlings Trans-Feindlichkeit, die Amtsleitung widersprach, dass Rowling keineswegs transfeindlich sein, ohne sich um die Fakten zu kümmern. Im Grunde habe ich die Zerlegung ihrer angeblich nicht transfeindlichen Streitschrift nur geschrieben, damit alle (inklusive Amtsleitung) blicken, dass das Traktat transfeindlich ist. Ob das gelungen ist, bleibt dahingestellt. Ich wage es zu bezweifeln.

Strike 3: Sind Content Notes einfach nur Mimimi?

Ich muss gestehen, ich mag Content Notes. Ich lese viel Fanfiction, und sehr gern bei AO3, da dort ausführlich getaggt wird. Ob es um Beziehungskisten oder verschiedene Arten von Gewalt oder anderen Probleme geht: Es gibt halt einfach Tage, an denen ich keinen Bock auf Thema Wasauchimmer habe, und dann kann ich den Text wann anders lesen oder ihn fürderhin gepflegt ignorieren. Ich selbst weiche beispielsweise sehr viel heterosexuellem und heteronormativem Content aus, weil ich das im echten Leben schon genug habe.

Ich kann also verstehen, dass das Menschen auch in Büchern schätzen. Zumal es bei mir „kein Bock auf“ ist und andere vielleicht, sagen wir, tatsächlich schwierige Alkoholiker*innen in der Familie haben und dann nicht unbedingt aus dem toten Winkel mit Alkoholismus konfrontiert werden wollen. Das Leben ist ohnehin schon mies genug. Es ist meiner Meinung nach okay, wenn sich Menschen ihre Freizeitbeschäftigung kuratieren möchten und ebenfalls für sie anstrengenden Themen lieber ausweichen.

Sich dann darüber lustig zu machen, dass manche Leute Content Notes schreiben oder ebensolche ihren Romanen voranstellen und die „Generation Mimimi“ das auch noch gut findet oder gar darum bittet — das finde ich schlechten Stil. Oder vielleicht ist es Neid, weil es das früher nicht gab? (Manchmal hätte ich das als Teenie wohl brauchen können.)

Jedenfalls finde ich diese Art von Spott weniger Satire, als sich Applaus von Rechts einzusammeln, indem auf einer Praxis rumgehackt wird, die a) nicht verpflichtend ist und b) in modern-linker Manier die Zugänglichkeit zu Texten verbessern möchte.

Ähnlich läuft das für mich mit dem Gendern. Tu es oder lass es bleiben, aber wenn du Applaus dafür möchtest, dass du es Scheiße findest: Dann kriegst du kein Geld von mir, wenn ich es vermeiden kann.

Fazit

Die rechte Rhetorik hat da wohl verfangen, wenn sich die Amtsleitung von irgendeiner Sprachpolizei verfolgt fühlt? Alternativ könnte ich als Begründung für das völlig unaltersgemäße Trotzverhalten Neid auf die (jungen) Kolleginnen vermuten, bei dem ein nicht unerhebliches Maß Misogynie mitspielen dürfte.

Jedenfalls gehöre ich nicht mehr zu so einem Amt.


Bildquelle: User:KMJ, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons

Jahresabschluss / Gelesen 2023

Dafür, dass ich hier wenig gepostet habe, bin ich ganz gut zu Veranstaltungen rumgekommen in 2023. Während es kein Schreibjahr in dem Sinne war, schaue ich doch recht zufrieden auf die politischen Aktivitäten zurück und all die Menschen, die ich dadurch kennenlernen durfte.

Und ich weiß, dass meine links/liberal/grün/woken Bubbles mit einem zuversichtlichen und einem besorgten Auge nach vorn blicken.

Privat war auch in bisschen Nerverei.

Und ich selbst hatte mit insgesamt fünf Infekten, davon einmal Corona und einmal wahrscheinlich Grippe, zu kämpfen, was die Promo für meine einzige Neuerscheinung, nämlich das zweite Beweisstück, sehr beeinträchtigte. Zumal das mitherausgebende Tenna zu dem Punkt ebenfalls aus anderen Gründen indisponiert war. (Da weiter gute Besserung den restlichen Zipperlein, mein Liebes.)

Meine Frau Mama allerdings hatte es geschafft, sich dieses Jahr einen Posteriorinfarkt (einen Schlaganfall) zuzulegen, was ihre Sehkraft zunächst massiv beeinträchtigte. Sie durfte einige Monate nicht Auto fahren, weshalb ich gelegentlich Taxi spielte. Ich weiß jetzt, dass ich den zu spät erkannten Risikofaktor geerbt habe. So die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahrzehnten noch einigermaßen funktiniert, werde ich wohl relativ früh relativ hohe Dosen Cholesterinsenker brauchen.

Nu ja. Aber immerhin sind sie, bis auf eine zu beerdigende Katze (nicht meine), alle noch da.

Damit wünsche ich allen einen guten Jahresanfang 2024.

Und nun zur klassischen Leseliste, die dieses Jahr eher kurz ausfiel, da ich noch mehr Fanfiction gesuchtet habe als üblich. Was mit dem besorgten Auge von oben zu tun haben dürfte. (Die besten Transformers-Fanfics sind immerhin diejenigen, in denen ein Krieg auf überzeugende Art endet oder abgewendet wird.)

Christian von Aster: Bromley. Ein metafiktionaler, äußerst amüsanter Agentenroman. Der Autor eines Thrillers wird entführt, und es liegt an der Hauptfigur Bromley, seinen Schöpfer zu retten. Ein aberwitziges Abenteuer zwischen den Zeilen und unter Fußnotenluken entspinnt sich.

Leigh Bardugo: Das Gold der Krähen. Dies ist die Fortsetzung von Das Lied der Krähen. Wo der erste Band vordergründig ein klassischer Heist war, haben wir es hier eher mit einem Fantasy-A-Team zu tun. Diesmal gilt es weniger, etwas zu stehlen, als die komplette Zunft der Grisha in Ketterdam und anderswo zu retten.

Duke Meyer: Küss die Hand, Gnä‘ Sau. Duke Meyer wirft einen ganz persönlichen Blick auf nordische und altgermanische Gottheiten. Seitdem schaue ich Sigyn anders an und Lokis Fesseln wäre wahrscheinlich ein bisschen anders verlaufen, wenn ich das Buch vorher gelesen hätte (aber anno 2019 war es noch nicht erhältlich).

Heike Schrapper: Der Prinz und sein Monster. Ein Märchen vom Loswerden. Liebevoll illustriertes Märchen von einem Prinzen, der plötzlich ein Monster auf seinem Rücken sitzen hat. Ob es sich hier um eine Parabel über Depressionen oder vielleicht chronische Schmerzerkrankungen oder etwas anderes handelt, mögen die geneigten Lesenden selbst entscheiden.

Holger Much und Florentine Joop: Und wenn wir nicht gestorben sind … (Bruderherz). Ein Mix aus Briefwechsel und gemeinsam verfasstem Märchen mit Illustrationen. Das Märchen ist das, was ich vermute, das Märchen ursprünglich mal waren: Gruselgeschichten für Erwachsene, in diesem Fall mit philosophischem Extra. Die umrahmenden Briefe geben dem Ganzen eine persönliche Note, mal nachdenklich, mal amüsant.

MaroHeft #8, Anna Lühmann und Anna Geselle: Know Your Enemies. Neue alte Rechte Denker. Die Autorin knöpft sich Vordenker der rechten Szene vor, während sich die Illustratorin mit unserem rechten Erbe aus Kolonial- und Nazizeit beschäftigt. Empfehlenswerter Einstieg ins Thema.

Hannah McCann: Queer Theory Now. Der Text liefert (auf Englisch) einen Schweinsgalopp durch die Queer Theory, von ihren Wurzeln in der feministischen, antirassistischen und Schwulen- und Lesben-Bewegungen zu dem, was heute so veröffentlicht wird. Dabei zeigt sie angenehm entspannt Zusammenhänge auf und spart auch die Fallstricke mancher Denkweisen nicht aus.

Germaine Paulus: Und die Moral. Ein Thriller. Der erste Band, Pfuhl, um den Ermittler Gerd Wegmann ist ein absichtlicher Schundroman. Und die Moral ist ein bisschen ernsthafter in seinem Blick auf die sexuellen Befindlichkeiten und dazugehörigen moralischen Urteile der Bundesdeutschen, und dazu noch sauspannend.

Benno Gammerl: Queer. Eine deutsche Geschichte vom Kaisserreich bis heute. Auch hier ein Schweinsgalopp, diesmal durch die deutsche Geschichte. Benno Gammerl zeigt langfristige Entwicklungen, Erfolge und Niederlagen der queeren Bewegung in Deutschland auf, hauptsächlich allerdings die der Schwulen- und Lesben-Community, da diese immer stärker im Fokus der Rechtssprechung standen. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine vollständige Betrachtung, aber es gibt auf jeden Fall was dazuzulernen – vor allem in Sachen: „Wie alt ist diese Rhetorik eigentlich?“

Dorothe Reimann: Mannaz – Die Sippe. Roman. Richtige „Fantasy“ ist die Geschichte noch nicht, ich würde es eher in den magischen Realismus oder gegebenenfalls nach Mystery einsortieren. — Eine alleinstehende Kunstschmiedin und ihre lernbehinderte Schwester müssen aus ihrer alten Bude raus und gründen mit ein paar anderen Gleichgesinnten eine Kommune. Dass es dabei ab und zu menschlich hakt, ist klar. Aber die frisch gegründete „Mannaz-Sippe“ scheint auch einen übersinnlichen Gegenspieler zu haben … Wie immer spannend, auch wenn Dorothe Reimanns reduzierter Stil für manche Fantasy-Fans wahrscheinlich etwas gewöhnungsbedürftig ist.

Christian von Aster: Harem der verschleierten Geschichten. Orientalisches oder orientalistisches Märchen? Eigentlich will ich ja alles vom Herrn von Aster gut finden. Zu meinem Zwiespalt gibt es einen eigenen Blogeintrag.

Tommy Krappweis: Mara und der Feuerbringer (alle drei Bände). All-age-Fantasy. Teenie Mara Lorbeer begegnet einem sprechenden Zweig: Sie sei eine Seherin und nur sie könne verhindern, dass Loki sich von seinen Fesseln losreißt und den Weltenbrand, Ragnarök, auslöst. Ein sehr amüsantes, schön recherchiertes und saumäßig spannendes Abenteuer.

Lisa Jaspers, Naomi Ryland und Silvie Horch (Hrsg.): Unlearn Patriarchy. Eine Aufsatzsammlung. Machthierarchien begegnen uns offensichtlich in Sprache, in Rassismen, in Behindertenfeindlichkeit, im Bildungssystem, beim Geld. Aber auch beim Sex und in der Familie, dem angeblich zuverlässigen Rückzugsort. Und wie kann ich Macht verlernen? Die einzelnen Texte werfen je einen Blick auf ein Thema, sind sich dabei nicht immer einig, geben immer Denkanstöße und brauchen auf jeden Fall einen Re-Read, sobald die erste Person damit durch ist, der ich den Band ausgeliehen habe.

Fabian Sommavilla: 55 kuriose Grenzen und 5 bescheuerte Nachbarn. Der Autor wirft einen Blick auf Grenzen und deren Historizität. Grenzen und ihre Verläufe sind das Produkt von Kriegen und Verträgen und keinesfalls eben „schon immer so gewesen“. Ein Sachbuch für Menschen, die Geographie mit der zugehörigen Historie mögen.

Mythen, Bibel, Märchenbuch

Derletzt fand in eine von mir besuchte queere Runde eine Person, die sich als fromm evangelisch entpuppte. In derselben Runde ist es selten, dass sich wer so offen zum gläubigen Christentum bekennt.

Jedenfalls spielte ich dreißig Minuten lang Taxi nach Hause, der betreffende Mensch war recht gesprächig, und so beklagte er unter anderem, dass ihm bei einer Gelegenheit gegenüber knallhart gesagt wurde, die Bibel sei ein Märchenbuch. Also nicht nur so im Internet, sondern direkt ins Gesicht.

Woher kommt der Vergleich von Bibel und Märchen?

In unserem Kulturkreis findet das Wort „Mythos“ selten in seiner ursprünglichen Form Verwendung. Das DWDS spricht von „mündliche oder auch schriftliche, sagenhafte Überlieferung der Vorstellungen eines Volkes aus seiner Vorzeit, besonders über die Welt, Götter und Menschen“. Das alte Rom, gegen dessen Religion sich das Christentum am vehementesten zu wehren hatte, kannte zahlreiche Mythen, das antike Griechenland sowieso (mit sich widersprechenden Weltentstehungsgeschichten zudem), genau wie alle anderen Kulturen außenrum auch. Und niemand von den Menschen damals „glaubte“ im klassischen christlichen Sinne irgendetwas, verehrt wurde oftmals ein buntes Mit- und Nebeneinander. (Von Hans Schuhmacher gibt es einen kurzen Abriss darüber, was immanente Gottheiten bedeuten, beim Rabenclan.)

Uneindeutige Aussagen sind jedoch ein Gräuel für das Christentum, in dem „Glaube“ an eine bestimmte Lehre und vor allem eine bestimmte Gottesvorstellung so wichtig ist, dass immer wieder Schismen auftraten. Die ältesten noch erhaltenen Abspaltungen von dem, was mal Katholizismus und Orthodoxie und die Evangelischen und Reformierten Kirchen und was nicht all werden würden, sind wohl die Armenische Apostolische Kirche und die Koptische Kirche. (Bei einer geführten Reise nach Armenien versuchte die Reiseleitung den Unterschied der Varianten zu erklären. Ich habe einen Aufsatz darüber gelesen, worüber sich Orthodoxie und Katholizismus verkracht haben. Ich verstehe beides nicht.)

Und na ja, die meisten modernen liberalen Christ*innen werden wohl Mythen wie die Vertreibung aus dem Paradies oder das mit Noahs Arche als solche benennen (oder als Gleichnisse oder bildhafte Beschreibung eines Glaubensinhalts oder wasauchimmer, aber nicht! als Sage), aber Jesu Leben und Auferstehung muss eins als mindestens spirituellen Fakt annehmen, sonst kann eins das mit dem Christentum mit seinem Gepoche auf Glauben auch gleich sein lassen.

Demnach hatte das Christentum über Jahrhunderte nichts Besseres zu tun, als all die anderen Mythen, gegen die es antrat, lächerlich zu machen und/oder als Aberglaube zu verunglimpfen. Haha, die haben geglaubt, dass da ein Typ mit Flügeln an den Fersen die Seelen Verstorbener in die Unterwelt bringt. Oder dass ein Typ auf einem Berg sitzt und Blitze schleudert. Wie rückständig.

Bestenfalls waren solche Mythen noch als Sagen akzeptabel. (Homer! Ovid! Sogenannte klassiche Bildung und so …) Aber in der heutigen Welt ist die Unterscheidung zwischen Sage und Märchen nicht mehr genau gezogen, zumal sich das Personal manchmal nicht unterscheidet. Die nordische Mythologie hat jedenfalls mehr Zwerge zu bieten als die sieben bei Schneewittchen.

Und all die Jahrhunderte der Weigerung, die eigene Heilige Schrift als die Mythensammlung zu akzeptieren, die sie ist, und die gleichzeitige Diffamierung anderer Mythen als „bestenfalls Sagen“ oder gleich als Märchen ist dann meiner Mitfahrperson auf unschöne Weise auf die Füße gefallen.

Die Moral von der Geschicht‘ darf sich das geneigte Publikum selbst zusammenbasteln oder es sein lassen.


Bild: Poetin von Pompeji via Wikimedia Commons.

Lektüre mit Fragezeichen

Ich habe 2023 zu viel Fanfiction gelesen (aber immerhin auch welche veröffentlicht). Eins der Bücher, die ich zur Hand nahm, war Christian von Asters „Harem der verschleierten Geschichten“. Grober Inhalt: Ein Dichter wird von einem offenbar begüterten, aber namenlosen Fremden beautragt, Geschichten aus dem Harem des Sultans zu erzählen. Nach einigen Wirrungen gelingt es dem Dichter, den verbotenen Ort zu erspähen. Er lauscht den darin lebenden Damen und schreibt von sechs die Geschichte auf (oder zumindest, was wer glaubt, dass ihre Geschichte ist).

Ab jetzt Spoiler, wer also lieber selbst liest, klicke „zurück“.

CN: Alles, was ein „Harem“ so impliziert.

Wie von Herrn von Aster gewohnt ist die Prosa so gedrechselt wie sinnenfroh, und die farbigen Illustrationen dazu können sich ebenfalls gut sehen lassen.

Am Ende stellt sich heraus, dass der Sultan selbst den Auftrag gab, da er in seiner Position nicht in der Lage ist, mit den Frauen in seinem Harem auf Augenhöhe zu sprechen und daher auch nicht sicher sein kann, dass sie ihm ihre ehrliche Meinung sagen bzw. ihre wahre Lebensgeschichte erzählen. (Wobei wie gesagt offen bleibt, ob der Dichter sich nicht einfach was zusammendichtet.)

So weit ist die Lehre daraus nachvollziehbar. Machtgefälle laden nicht gerade zu offener Kommunikation ein. Trotzdem lässt mich der Text etwas kopfkratzend zurück. Die Atmosphäre eines „orientalischen Märchens“ ist mir grade ein bisschen zu Karl-May-artig und zu wenig märchenhaft erzählt, um sie nicht als ernst gemeint (und damit für meinen Geschmack wacklig auf dem Grat des Orientalismus) zu lesen. Zumal „Harem“ — tja. In der Story sitzen die meisten beschriebenen Damen da freiwillig drin. Wie das im 19. Jahrhundert in echt war, ist schwer zu beurteilen, da die Geschichte ja nicht von den Insassinnen geschrieben wurde. Wir haben keine Ahnung, wer da freiwillig war, wer sich dreinschickte und wer lieber woanders gewesen wäre. Hort der Romantik oder Verklärung sexualisierter Gewalt? Beides vermutlich in wechselnden Anteilen. Derlei Ambivalenz fehlt mir bei dem Handlungsort ein wenig.

Angeblich ist das Buch auch ein poetisches Gleichnis über Tücken und Zauber der Schönheit. Bei der Sache stehe ich auf dem Schlauch, muss ich sagen. Könnte daran liegen, dass ich ace bin und auf menschliche „Schönheit“ wohl anders reagiere als das Zielpublikum. Verzaubern muss mich anderes.

Jintöchter: Vorläufig letzte Chance auf Prints

Nach gut fünf Jahren haben die Edition Roter Drache und ich entschieden, die Jinntöchter erst mal ziehen zu lassen.

Ihr habt noch eine Woche Zeit, Prints zu bestellen. Am besten natürlich bei Holger direkt. Ab 1. November 2023 ist vorläufig Schluss!

Wahrscheinlich bekommt der Text ein zweites Leben als E-Buch, es ist aber noch nichts entschieden. Immerhin ist das Thema sowohl weiterhin aktuell als auch in seiner Umsetzung etwas aus der linksgrünwoken Zeit und damit auch meiner persönlichen Entwicklung gefallen. Und ob irgendwer gemerkt hat, dass ich mit dem Roman auch ein bisschen die in Deutschland hauptsächlich von Karl May inspirierte, aber so nette wie faktenbefreite Orientbegeisterung kommentiere, anstatt sie nur zu übernehmen: Keine Ahnung.

Unter dem Haupteintrag zum Buch findet ihr Leseproben und (nicht geprüfte) Links zu anderen Verkaufsstellen.

Die weitere Entwicklung ist auch sehr von meinem Nerven abhängig. Die hängen grade etwas in den Kniekehlen, denn ich hatte Mitte September fünf Tage einen fiebrigen Infekt, und seitdem schlage ich mich mit der zweiten Erkältung rum, die mich jeweils im Abstand von zwei Wochen ereilt hat. Lehre: Ich bin nicht mehr 25. Nach Fieber besser eine Woche oder länger daheimbleiben. *seufz

Cover gefällig? Beweisstück A – Neue Indizien

Lang ist es nicht mehr zur Ace Week 2023, und dafür hatten ja DasTenna und ich eine neue Sammlung Kurzgeschichten angekündigt. Wir gehen davon aus, dass die Anthologie Ende der Woche vorbestellbar sein wird.

Das neue Cover ist aber schon lange fertig, und was soll ich sagen? Es läuft wohl unter der Prämisse: „Wir haben ein großes A versteckt. Findet ihr es?“ Zu diesem Zwecke hat Dana Brandt mit einem selbstgebauten Grafikpinsel im Wahrsten Sinn des Wortes – und übertragen – Großes geleistet. Vielen Dank an dieser Stelle!

Der geplante Erscheinungstermin von „Beweisstück A – Neue Indizien. Eine ace und aro Anthologie“ ist der 18. Oktober.

Neue Bildchen

Wobei, so neu sind die gar nicht.

Aber von Anfang an. Letzten Herbst bat die bezaubernde Olena Zhuravytska, auch bekannt als @helena.olena.elena, mich darum, ein Interview für ihre Masterarbeit zu geben. Außerdem sollten Fotos entstehen, die ich dann auch benutzen dürfte.

Und nun ja, wie das so ist, alles ging nicht so schnell wie geplant, erst bei ihr, dann bei mir, aber nun endlich, Weltpremiere oder so. Ich hab zwar keine neue Veröffentlichungen in der Pipeline, aber immerhin schon mal geile Pressebilder. Mit monstervielen Pixeln.

Denkerinnenpose
Einmal grinsend in der Fachhochschule für Gestaltung, Pforzheim.

Kluges vom Zaunfink

Zitat

Die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss München-Bogenhausen will eine in der Stadtbibliothek geplante Draglesung für Kinder behördlich verbieten. Sie reiht sich damit wissentlich in die Strategie internationaler rechts-autoritaristischer Akteure ein. Das ist alles andere als harmlos.

Der Kampf gegen queeres Wissen — der zaunfink

Am Mittwoch werde ich vor einem (erwachsenen) Publikum vorlesen. Ich gehe allerdings davon aus, dass die aktive Produktion von Nicht-Wissen und Desinformation ebenfalls Thema sein wird.