Hebammenfreuden

Ich muss jetzt mal wieder quietschen.

Vor einer seehr langen Weile wurde ich von einer losen Bekannten in Alaska gebeten, für eine ihrer Freundinnen etwas gegenzulesen. Sie selbst habe es nicht so mit Fantasy und weil ich doch eine vage Ahnung von europäischer Mythologie und Geschichte hätte, und mein Englisch außerdem nicht so grauenvoll schlecht sei, könnte ich da doch aushelfen.

Ich half aus, und der Job war damals schon ein Vergnügen. Nach nunmehr zwei Überarbeitungen ist der Text jetzt mit einem wirklich ansehnlichen Cover bei Amazon im E-Buch-Selbstverlag erschienen.

„Lindorm Kingdom“ ist Fantasy aus einem fiktiven hohen Norden. Ein Lindorm (ein Drache ohne Flügel, wie Fafnir einstmals ein Mensch) bedroht das Königreich. Dieser Lindorm kann allein durch eine Hochzeit mit einer Frau von seinem Fluch erlöst werden.

Die erste Braut landet allerdings im Schlund des Drachens. Linnea ist nicht ganz freiwillig die nächste Auserwählte – aber als unverheiratete Teenagermutter mit Gehbehinderung jemand, auf den das Königreich verzichten zu können meint. Allerdings stellt sich bald heraus, dass die anstehende Hochzeit für mehrere Parteien von Interesse ist, die alles daransetzen, ihre Geheimnisse zu bewahren …

Die Inkonsistenz von Erinnerung

Gegenwärtig feile ich unter anderem an einer Fanfiction im Captain-America-Fandom, die gepostet sein will, bevor mir „Age of Ultron“ einen Strich durch die Gedanken macht.

Die andere Feilerei findet für’s Bundesamt für magische Wesen statt.

Jedenfalls erweitert Fanfic manchmal den Horizont: Ich höre mich gerade durch eine Liste von „awesome russian metal“, der (ohne Betrachtung der Texte) wirklich Spaß macht. Grund ist meine Hauptfigur des „Winter Soldier“, der im zweiten Captain America-Film unter von Elektroschocks verursachter Amnesie leidet.

Mehr erzähl ich jetzt nicht, falls irgendwer keine Ahnung vom Marvel Filmuniversum hat, das aber irgendwann ändern möchte. Ich mag die Captain America-Filme, weil Steve Rogers teilweise eine Punk-Attitüde an den Tag legt, die eins dem Genre allgemein und der Figur im Besonderen nicht zutraut. Und das Fandom hat was, sogar Analysen, warum Steve Rogers kein Übermensch im Nietzschen Sinne ist.

Aber zurück zum Winter Soldier. Die Fanfic-Schreiberei hatte außerdem ein bisschen Nabelbeguckung zur Folge, denn: Wer unfreiwillig den größten Teil des eigenen Lebens vergessen hat, sich nun aber in Fetzen erinnert, hat kein Narrativ, um alles zu einer Lebensgeschichte zusammenzuknüpfen. Eins schaut zurück und erkennt die Person nicht wieder, die eins damals war.

Wobei, wenn ich so zurückschaue, frage ich mich manchmal, wie viele meiner Erinnerungen modifiziert sind, um ins Narrativ zu passen. Manchmal verstehe ich mein 16 Jahre altes Ich nicht, und mein 33 Jahre altes Ich befindet sich so weit außerhalb der Komfortzone meines 18 Jahre alten Ichs, dass dieses sich bei einer exakten Zukunftsvorhersage wohl an den Kopf getippt hätte, obwohl die Basis-Charaktereigenschaften dieselben sind.

So viel also zu zuverlässigen Erzähler*innen …

Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust …

Oder: Bin ich Charlie?

Irgendwie konnte ich mit diesem Satz nichts etwas anfangen, obwohl meine Gefühle bei Unglauben anfingen, und über Bestürzung bei Wut und Trauer endeten, mit einer Dosis Trotz. (So als Teil einer fiktiven Behörde, die regelmäßig Tiefschläge verteilt.) Ähnlich geht’s mir auch mit den Geiselnahmen dieser Tage.

Andere waren bezüglich des Attentats schneller, und daher werde ich zwei Links posten in der Reihenfolge, die meine Gedanken ebenfalls genommen haben:

Zuerst hier die Trippmadam, welche sich Gedanken über die PEGIDA’sche Phrasendrescherei im Angesicht des Anschlags macht.

Noch gibt es kein Lager, in dem ich sagen kann, ich finde Extremismus jeder Art schlecht, aber ich weigere mich, gleichzeitig vor den Menschen Angst zu haben, die in der Hoffnung auf ein sichereres/besseres Leben nach Deutschland kommen, auf welchem Wege auch immer. (Abgesehen davon ist die EU beispielsweise an miesen wirtschaftlichen Zuständen in vielen afrikanischen Ländern nicht ganz unschuldig. Stichwort Altkleider oder Hähnchenreste. No more Hendl, baby.)

Und dann ist da die Anarchistelfliege, die Charlie Hebdos Karikaturen *istisch findet, aber trotzdem mitfühlt.

Es waren auch die *ismen, die vor einem guten Jahrzehnt dafür sorgten, dass ich mein Titanic-Abo nicht verlängerte, auch wenn ich damals noch keine Worte dafür hatte. Zu viel Witze über … und zu wenige über die Denke, die dahintersteckt.

Jedenfalls bin ich der Meinung, dass Satire grundsätzlich alles darf, und jede*n aufs Korn nehmen darf. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass sie ihre Schläge aber grundsätzlich in alle Richtungen gleichmäßig austeilen sollte. Dumpfbacken, die nur einfache Erklärungen wollen und trotz aller offensichtlichen Widersprüche daran festhalten, gibt’s in jeder Religion, mit jedem Schulabschluss, am rechten wie am linken Rand, und überall dazwischen auch.