Noch lebendig / Eskapismus / Sachbuch-Termin

So.

Zwischenstand: Mich gibt es noch. Bin nur nicht mitteilungsfreudig. Im November Urlaub gehabt, statt Verwandtenbesuch und Buch Berlin also beste Alphaleserin der Welt besucht und ansonsten vor allem Lucifer und danach den Rest von Ben Aaronovitchs „Flüsse von London“ gesuchtet. Zu beidem eine mittelgroße Dosis Fanfic gebraucht. Jetzt geht’s wieder. (Bis ich das nächste Binge-Objekt finde.)

Ich neige eben zu Binge-Verhalten/Kleinobsessionen und bin dann manchmal auch weg, weil Eskapismus halt manchmal notwendig ist. Und da bei uns in der Gegend grade der Über-300-Inzidenz-Aktionismus ausgebrochen ist, wen wundert’s? Jedenfalls gut, dass es Videotelefonie gibt. Meinen Vater habe ich seit letztes Jahr im Oktober nur noch online getroffen und kenn den neuen Hund noch gar nicht.

Aber besser, ich binge Fanfiction als Alkohol oder psychotrope Substanzen, oder?

Seit Montag Überstunden, weil die Kollegin Resturlaub und Überstunden abbaut. FFP2/KN95 sind Pflicht. Die Kolleginnen und ich haben Verspannungen im Kiefer, weil laut und klar über das Plexiglas hinweg sprechen und feste Masken — entweder Mund weit auf oder Maske, nicht wahr? Und ich hab noch Glück, weil ich ja nicht Vollzeit in der Apotheke arbeite.

Jedenfalls ein Hoch auf Pfefferminzöl. Damit sind die abendlichen Kopf- und Kieferschmerzen fast weg. Ich werd jetzt noch hochdosiert Magnesium draufkippen. Bessere Investition als irgendwelche Immun-Komplexe ist das allemal, denn die Rotzerei lässt diese Saison auf sich warten. Auch beim Großteil der Bevölkerung, weshalb wir bei den Erkältungsmittelchen und damit überhaupt einen Umsatzeinbruch im Vergleich zu den Dezembern vorher haben.

Nebenbei ist das Sachbuch in der zweiten Lektoratsrunde. Geplante Veröffentlichung Ende Januar. Ich denke, das Warten und Feilen wird dem Text nicht geschadet haben.

Katze tot/Fragezeichen/Systemrelevanz

Physics, Schrödinger'S Cat, Schrödinger

Diese Katze war zum Zeitpunkt, als das Foto entstand, lebendig. Bild von Geralt via Pixabay.

Mein Schweigen seit letzter Woche liegt darin begründet, dass die Katze tot ist: Die Kollegin hat dann doch Corona, Ansteckungsweg unbekannt.

Vielleicht hatte ich mir das auch nach der Nebenhöhlensache eingesammelt und ihr weiterverteilt, und der seltsame Schnupfen war doch keine Grippe mit ein bisschen Rhinovirus?

Ich war garantiert bis zum 8. März ansteckend, und das wäre dann ein später, aber nicht unmöglich später Krankheitsbeginn ihrerseits.

Aber am 2. März hat da noch niemand drüber nachgedacht. Vor allem nicht bei einem doofen Schnupfen.

Viele Fragezeichen. SARS-CoV-2 macht schräge Dinge mit Menschen und manchmal (sehr häufig) halt auch gar nichts. Aber wenn man es bös hat (also eine Lungenentzündung davon bekommt), hat man’s wohl richtig bös, wenn ich den Ausführungen des Robert-Koch-Instituts richtig gefolgt bin.

Jedenfalls ist die Kollegin samt der dazu eingeteilten A-Schicht am Montag dann noch nachträglich in Quarantäne versetzt worden, und ich bin seit Dienstag fast in Vollzeit, was ich irgendwie nicht mehr gewohnt bin. Ein Quartalsbeginn mit erhöhtem Aufkommen von Inkontinenzbedarf und Pflegehilfsmittellieferungen ist auch noch dabei, wir diskutieren uns den Mund fusselig. Nein, Händedesinfektion nur 100 Milliliter, die kriegen wir leider zu einem Preis geliefert wie sonst die 500 Milli. Und nur drei, und nur zwei Packen Handschuhe, weil andere wollen auch noch was. Aber immerhin haben wir welche, ne?

Sagrotan Flächendesinfektion ist aus. Mein Handy bekommt nach jedem Arbeitstag eine Behandlung mit Wasser und Seife. Und Ihres?

(Sprühen ist halt bequemer als Klodeckel mit Lauge putzen, ich weiß.)

Masken kann ich in Rückstellung nehmen. Nein, ich verstecke keine vor Ihrem Kind mit Mukoviszidose oder Ihren gebrechlichen Eltern. Wenn wir unsere letzten Einzelstücke rausgeben, müssen wir bei jedem weiteren Corona-Fall den Laden dicht machen.

Dass ich auf Montag eine Nacht wegen Notdienst und auf Mittwoch eine Nacht hormonbedingt höchstens je vier Stunden geschlafen habe, macht die Sache nicht besser.

Als gestern noch Energie übrig war, habe ich die Punk’n’Roll-Version einer Behelfsmaske zu nähen angefangen.

Vergesst explizite Szenen …

https://i1.wp.com/upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a1/Aesculap-serpentine.jpg/311px-Aesculap-serpentine.jpg… ich habe hier ein viel besseres anatomisches Rätsel.

Diese Woche hatte ich das Vergnügen mit einem Notdienst in der Apotheke.

Und da rief mich also kurz nach zehn ein Mensch an, der meinte: „Also, äähh, ich hatte da eine kleine Auseinandersetzung mit meiner Freundin … und, ähm, dabei hat sie eine Tür zugeschlagen und dabei mein bestes Stück eingeklemmt.“

Ich denke: Will der mich verarschen? Neue Belästigungsmasche? Und wie zum Henker hat er das hingekriegt? (Unmöglich ist es nicht, aber ich hätte eher erwartet, dass in einem solchen Fall Finger oder Nasen leiden.)

Die Treffsicherheit der Dame ist m. E. zu bewundern.

Jedenfalls war sie durchaus ernst gemeint, die Frage. Ich riet zu ausdauernder Kühlung und einen Arzt aufzusuchen. Eventuell noch eine Ibuprofentablette gegen Schmerzen und Entzündungen.

Der Unglückliche fragte noch, ob ein männlicher Kollege vor Ort sei (nein, nicht um die Uhrzeit, da managen wir den Laden jeweils alleine), aber auch der hätte ihm wohl kaum etwas anderes erzählt.

Leben halt. Falls wer von den geschätzten Autorenkolleg*innen die Episode brauchen kann, dürft ihr sie gerne verwenden …

Patriarchat bei der Arbeit:

Aesculap-serpentine

Wenn die unverheiratete Frau mit dem antibiotika-verursachten Vaginalpilz lieber zur Frauenärztin geht, um sich mit Fluconazol-Kapseln zum Einnehmen ihre Leber zu vergiften, statt mit ein paar freiverkäuflichen und wesentlich harmloseren Tabletten zum Einführen ihr Jungfernhäutchen zu gefährden.

(So viel kann ich gar nicht fressen, wie ich kotzen möchte.)

Chemie für Laien

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aesculap-serpentine.jpg?uselang=de

Die Modepraline lästerte über eine Apothekerin bzw. Drogistin ohne Humor. Deutsche Medien haben ebenfalls keine Hemmungen, über meinen Beruf herzufallen. Ich will jetzt nicht behaupten, dass allen Apotheker*innen ein Heiligenschein gebührt und unsere Westen so weiß sind wie ein frisch gewaschener Kittel, aber manchmal, manchmal … verzweifelt eins schon an der Welt.

Jedenfalls dachte ich, das kann ich auch. Aber von der anderen Seite des HV-Tisches (so heißen die Verkaufstheken im bundesdeutschen Apotheken-Sprech).

Aber fangen wir mal an:

Eine recht edel angezogene Dame betritt die Apotheke, es folgen die üblichen Begrüßungsfloskeln.

„Ich hätte gerne Vitamin C. Ohne Ascorbinsäure.“

Die DeWinter blinzelt erst mal, weil sie sich verhört haben muss. „Ohne Ascorbinsäure.“

Ein herrisches Nicken seitens der Kundin. „Genau.“

„Äh.“ Die DeWinter ist zu geschockt, um in einen Lachanfall auszubrechen. „Vitamin C ist Ascorbinsäure.“

„Nein, es muss welches ohne Ascorbinsäure geben.“

„Ehrlich? Wie kommen Sie darauf?“ (Es sage keine*r, die DeWinter sei besonders einfühlsam. Außerdem will sie wissen, wer solchen Unfug verzapft.)

Die Kundin, schon recht verschnupft: „Es muss Vitamin C ohne Ascorbinsäure geben.“

Die DeWinter nickt: Keine Quellenangabe heißt Internet, irgendein Forum. Faszinierend, dass sie trotzdem an ihrer Meinung festhält.

Weil Menschen grundsätzlich lieber „dem Internet“ glauben als einer Person, die Geld dafür bezahlt bekommt, so etwas zu wissen, ist das Gespräch hiermit als gescheitert anzusehen. Jetzt gilt es nur noch, die Dame so zu verabschieden, dass sie nicht merkt, was die DeWinter von ihrem Intellekt hält. Es gelingt ihr leider nicht:

„Also, selbst wenn ich Ihnen jetzt ein Präparat aus Hagebutten verkaufe, die natürlich reich an Vitamin C sind, kommen Sie damit nicht um die Ascorbinsäure drum rum. Weil Vitamin C Ascorbinsäure ist.“

Die Dame schüttelt den Kopf und verlässt den Laden.