Von einem „freundlichen Impuls, andere zu beschützen, der mit einer Spur Verachtung versetzt ist“, schreibt Robert M. Sapolsky. Wahrscheinlich meint er das Mitleid.
Die meisten Menschen, denen das Mitleid anderer offen zugetragen wird, verwehren sich dagegen. Das kann ich verstehen, denn Mitleid bedeutet häufig eine Bevormundung. Mitleid stellt selten das herrschende System infrage.
Insofern gilt wohl, dass Mitleid ein Gefühl ist, das ein Mensch besser für sich behält.
Stefan Zweig bezeichnet das Mitleid als „Ungeduld des Herzens“, ist ein Romantitel von ihm. Objekt des Mitleids ist dort eine junge Frau, die aufgrund einer nicht näher spezifizierten Krankheit die Beine nicht mehr gebrauchen kann und im Rollstuhl sitzt. Ihre Mitmenschen überschütten sie entweder mit Mitleid oder fühlen sich von dem „Krüppel“ regelrecht abgestoßen. Als ich das Buch letztes Jahr nochmal las, fiel mir wieder auf, dass Personen mit Behinderung heutzutage doch glücklicherweise ein paar mehr Möglichkeiten haben.
Das ist wahr. Die Überlegung entzündete sich tatsächlich an einer Facebookdiskussion über die Wahrnehmung unserer speziellen Minderheit.
Die Spur Verachtung, das Gefühl, dass man selbst nicht auf der Höhe ist, während der oder die Mitleidige das alles viel besser regeln könnte…ich glaube, das ist es was schmerzt. Es kommt wohl sehr auf die Situation und auf die beteiligten Personen an.
Selbstverständlich. Auslöser dieses Postings war eine recht unglücklich formulierte Bemerkung über sexuelle Minderheiten auf Facebook – wobei weder die eine noch die andere Beteiligte echten Anlass zu Mitleid hatten, wie das bei sexuellen Minderheiten eben so ist. Aber das hat ja noch niemanden daran gehindert, Mitleid zu empfinden und der anderen Person abzusprechen, dass sie weiß, was sie tut.