Jinntöchter: Die Vorher-Nachher-Show

oder: Wenn schon, dann richtig.  cover jinntoechter

Die Anfänge der Jinntöchter datieren auf Ende 2013.

Damals hatten sie noch „Die Kinder der Kriegsgöttin“ als Arbeitstitel, und ich fand es eine gute Idee, Namen und Orte auf Arabisch zu notieren. Selbige Idee habe ich nach reiflichen Überlegungen verworfen. Wer Näheres dazu wissen möchte, kann im entsprechenden Blogartikel nachlesen.

Wie sich im Gesprächen mit meiner Textwerkstatt bald herausstellte, war der Text wegen seines für europäische Leser*innen ungewöhnlichen Settings und der ungewohnt klingenden Namen sehr viel erklärungsbedürftiger, als ich zuerst gehofft hatte. (Unterschätzen Sie nie die Schwierigkeiten, die manche Namen für westlich zentrierte Menschen darstellen. Wir kümmern uns um die korrekte Aussprache von Tolkiens Elbisch, bekommen aber die Namen unserer türkischstämmigen Mitbürger*innen selten auf die Reihe.)

Infodumps, also ausufernde Erklärungen, die mit dem Plot nichts zu tun haben, machen aber keinen Spaß und sollten tunlichst vermieden werden. Dies lassen die meisten Schreibratgeber verlauten, und ich weiß das auch aus eigener, leidvoller Erfahrung als Leserin (und Autorin). Demnach brauchte ich eine unterhaltsame Möglichkeit, Dinge zu erklären – jemanden, dem der erhobene Zeigefinger nicht übel genommen werden würde.

Ich stellte mir die Frage: Was, wenn ich eine Erzählsituation imaginiere? Was wäre, wenn eine Reisende in einer Kneipe ausgefragt und schließlich um eine Geschichte gebeten würde? Geschichten waren einmal etwas, das mündlich weitergegeben wurde, und im arabisch geprägten Raum hat sich diese Tradition noch besser erhalten als hierzulande.

Da ich aber ein historisches Setting habe, würde auch mein imaginäres Publikum mit mündlichen Erzählungen vertraut sein. Und sie genauso behandeln wie heutzutage Kinder, die vorgelesen bekommen: Zwischenfragen stellen, eigene Erfahrungen beisteuern, an der Auslegung der Erzählerin zweifeln und so weiter.

Zudem hätte eine zwischengeschaltete Erzählerin einen weiteren Vorteil: Ich könnte auktorial erzählen, also „alles wissend“. Damit müsste ich nicht um den heißen Brei reden, wenn ich meine*n Oberschurk*in zeigen wollte, sondern könnte bequem wie mit einer Kamera in die Köpfe der Figuren rein- und rauszoomen. Sofern ich herausfand, wie der Zoomknopf funktionierte, natürlich.

Und damit zu meinen ersten Versuchen:

Das alte Intro:

Eine Geschichte? Dann tretet näher. So laut ist meine Stimme nicht, dass sie selbst in den hintersten Winkel einer Taverne reicht. Ab und an werde ich auch Schmiermittel brauchen …

Ein Gewürztee aufs Haus? Habt Dank, Meister Wirt.

Aber nun, zu meiner Geschichte. Es ist eine Geschichte aus einer unendlich weit entfernten Welt – und trotzdem wird es Euch manchmal so vorkommen, als sähet Ihr in einen Spiegel. Wer mutig ist, blickt länger hinein, und ist nachher vielleicht ein kleines Bisschen weiser.

Jetzt macht es Euch bequem, vielleicht wollt Ihr auch die Augen schließen. Spürt ihr den Wüstenwind, der Euch heiß ins Gesicht bläst, und jede Feuchtigkeit stiehlt? Spürt Ihr, wie die winzigen Sandkörner über Eure Haut schmirgeln?

Es war einmal, vielleicht aber auch nicht, dass in Taqat, der stolzen Stadt am Fuße der Roten Berge, eine Frau mit dem gelben Schleier einer Hure durch die morgendlich belebten Gassen eilte.

Die alte Überleitung 1:

Nur einen Tag später näherte sich eine Karawane den Roten Bergen von Süden. Es war eine Karawane der Yeldun, jenes Volkes, das in den Schwarzen Bergen inmitten der Sandwüste lebt. Die Karawane bestand aus dreißig Lastkamelen, die, in unscheinbare Bündel gewickelt, schwer an Indigo, feinem Baumwolltuch, Zucker, Kaffeebohnen, Safran und Flaschen mit Arganöl trugen.

Fünfzehn Menschen begleiteten die Karawane auf weißen Kamelen. Dreizehn dieser Menschen trugen ungefärbte Kleidung – jeder einen weiten Mantel und dazu ein Shekh, eine Art Turban, deren lose Enden sie sich gegen den Sand und den Staub über die Nasen gezogen hatten. Ganz am Ende des Zuges ritt ein Mensch in Indigoblau, der den Flug eines einsamen Adlers über den Bergen betrachtete, und genauso ritt vorne, ebenfalls in Blau, und auf einem besonders stattlichen Kamel mit einem außergewöhnlich prächtigen Sattel, der Karawanenführer, oder, besser gesagt, die Karawanenführerin.

Jetzt die Frage:

Erfüllen diese Schnipsel ihre Funktion? Denn sie müssen eine ganze Menge leisten.

  • Erklären sie das Setting der erzählten Geschichte? (So lala: Wüste, Berge, eine Stadt, weit weg, lange her.)
  • Erläutern sie die fremd klingenden Worte? (Passt, sind ja nur zwei.)
  • Stellen sie die Erzählsituation samt Publikum vor? (Na ja: Eine Taverne, eine fremde Person, die um eine Geschichte gebeten wird.)
  • Verleihen sie der Erzählerin einen Charakter? Hier gewünscht: eine Besserwisserin mit trockenem Humor. (Ach, es ist eine Sie und sie hat auch einen Charakter?)
  • Unterhalten sie möglichst gut? (Öhm. Mäntelchen des Schweigens, wo bist du?)

Ich musste also dringend nachbessern, wie mir nicht nur mein Bauchgefühl, sondern auch Textwerkstatt und Alphaleserin beschieden.

Durch ein zu rechter Zeit gefundenes Jugendbuch („Saids Geschichte oder der Schatz in der Wüste“ von Sigrid Heuck) kam ich auf die Idee, das Geschichtenerzählen mit dem Teppichknüpfen zu vergleichen. Auf einmal wusste ich, dass ich die Geschichte von „Jinntöchter“ dem Publikum so ausrollen musste, wie diese scheinbar allwissenden Teppichverkäufer ihre Wunderwerke bei Verkaufsshows präsentieren. (Ich habe zwei davon miterlebt und hätte mich jedes Mal um sämtliche Ersparnisse kaufen können.)

Hieß für den Roman, ich musste in die Vollen gehen. Und zwar so richtig.

Nach einigen Versuchen und Erweiterungen landen wir also bei der gedruckten Version:

Das Intro:

Eine Geschichte? Dann kommt näher. Meine Stimme reicht nicht bis in den hintersten Winkel dieser Taverne.

Verzeihung, Herr Wirt. Gasthaus.

Natürlich wäre ein Mann lauter, aber keiner von euch braven Handwerkern – wenn dein Geselle ungezogen ist, dann kann ich gern mit einer großen Schere aushelfen – wie gesagt, keiner von euch kennt Geschichten aus Ländern, wo die Leute eine andere Sprache sprechen als ihr.

Was? Es ist ein Unterschied, ob ich es erzähle oder jemand, der Helgisch mit der Muttermilch aufgesogen hat, finde ich.

Ab und an werde ich auch Schmiermittel brauchen.

Ein Tee aufs Haus? Vielen Dank, Herr Wirt. Ich sehe, du erinnerst dich an meinen letzten Besuch hier.

Aber nun zu meiner Geschichte. Es ist eine Geschichte aus meinem Heimatland und einer weit entfernten Zeit – und trotzdem wird es euch manchmal so vorkommen, als sähet ihr in einen Spiegel. Wer mutig ist, blickt länger hinein und ist nachher vielleicht ein kleines bisschen weiser.

Jetzt macht es euch bequem, schließt für einen Moment die Augen. Spürt ihr den Wüstenwind, der euch heiß ins Gesicht bläst und jede Feuchtigkeit stiehlt? Spürt ihr, wie die winzigen Sandkörner über eure Haut schmirgeln? Eure Haut, eure Lippen spannen. Und seht ihr, wie der Sand rot schimmert? Dann folgt mir jetzt in das Land südlich des Meeres.

Es war einmal – vielleicht aber auch nicht – dass die Helgen dort ungern gesehen waren. Jenes Land hieß, und heißt auch heute noch, Iradoun – was Fruchtbares Land bedeutet. Die Bewohner nennen sich selbst die Dawanin, die Leute aus dem Doun. Nach Süden begrenzt wird das Iradoun durch die Roten Berge, und dahinter beginnt die Wüste.

Zu jener Zeit lag es erst eine Generation zurück, dass die Helgen die einzelnen Fürstentümer des Iradoun durch List und Verrat erobert hatten. Kein Tag verging, dass nicht irgendein Einheimischer die Helgen wenigstens in Gedanken Shubkhin schimpfte – die gespenstischen Leute.

Die Dawanin glauben nämlich, dass in der Wüste im Süden nachts Gespenster umgehen, Gespenster mit bunten Augen. Und jeder zweite Helge hat grüne oder blaue Augen, nicht wahr? Die anderen haben hellbraune, und das ist den Dawanin so gut wie gelb.

Noch zwei Jahrhunderte bevor die Helgen kamen, war das Iradoun ein Königreich gewesen, doch der König war ohne Erben gestorben, als ein hungriges Volk aus dem Osten einfiel. Jenes Volk brachte Pferde, Tee und gefalteten Stahl mit. Es fand Gefallen am sesshaften Leben, ließ sich nieder und vererbte seine Adlernasen weiter. Nach einigen Streitigkeiten unter dem neuen Adel zerbrach das Land in Fürstentümer, Efiras genannt.

Die alte Königsstadt, Taqat, liegt am Fuß der Roten Berge. Umgeben von einer vier Mann hohen Stadtmauer, die an jeder Ecke ein Rondell mit Geschützen hat, erstrecken sich an einem nur leicht ansteigenden Hang Lehmhäuser mit flachen Dächern, eins am anderen. Die Fenster und Türen sind blau gestrichen, denn das hält die Fliegen fern. In den Innenhöfen, sofern sich die Bewohner einen leisten können, wachsen Dattelpalmen, Maulbeer- und Pomeranzenbäume. Wo es keinen Garten gibt, stellen die Menschen sich im Sommer wenigstens ein Zelt aufs Dach, in dem sie nachts schlafen.

Bevor die Helgen kamen, war Taqat eine stolze Stadt gewesen, mit einem prächtigen Palast und zahlreichen Tempeln für die drei Gottheiten, die die Dawanin verehrten. Doch die Helgen hatten alle Tempel zerschlagen, sodass die Brachen wie Lücken in einem ansonsten weißen Gebiss wirkten. Nur an manchen Stellen hatten die Eroberer stattdessen ein Heiligtum für Harr errichtet, aus Fachwerk, das Holz mit Fratzen beschnitzt, dass einem vor so viel grobem Handwerk gruselte. Und wenn ich die Ruinen mit Zahnlücken vergleiche, dann waren die Heiligtümer wie verfaulte Zähne.

Ein weiterer Frühsommermorgen zog wolkenlos auf, über dieser Stadt ohne eigene Götter, als eine junge Frau mit dem gelben Schleier einer Hure aus einem Seiteneingang des Palasts des Statthalters schlüpfte.

(Wer die folgende Szene nachlesen möchte, klicke hier. Unglücklicherweise werden Sie nach unten scrollen müssen. Die Kurzversion lautet: Der Hauptmann Sintram hat Maya, der Hure, aus Versehen ein blaues Auge verpasst. Durch einen Zufall begegnet sie bei einer Hinrichtung ihrem Onkel Rhulib, einem reichen Mann. Er glaubt wegen des blauen Auges, dass Maya ihn um Geld anbetteln will. Im direkten Anschluss an den Streit und Mayas Abmarsch folgt:)

Der erste Zoom in die auktoriale Perspektive plus Überleitung 1 zum nächsten Zoom ins personale Erzählen:

Nun bemerkte Maya nicht, dass der Krieger mit den wasserhellen Augen ihr hinterhersah.

Er lächelte. Natürlich wusste er, dass die junge Frau nicht so dringend Geld brauchte, wie der Onkel glaubte. Aber daran, wie sie ihre Finger bewegte, wie sie beinahe nach der Münze gegriffen hatte, zeigte sich, dass das Warten sich gelohnt hatte. Jetzt kam es nur noch darauf an, Rhulib u Gayb von der Leine zu lassen wie einen gefräßigen Hund.

»Hört Ihr, wie verhalten die Menge diesen Tod begrüßt hat?«, flüsterte er seinem Mitverschwörer ins Ohr, als dieser wieder auf die Tribüne geklettert war.

Rhulib wackelte mit dem Kopf.

»Es ist Zeit, den Eindringlingen zu beweisen, dass der wahre König lebt.«

»Heute haben sie auch nicht weniger gejubelt als das letzte Mal.«

»Trotzdem. Etwas ist anders.« Der Krieger hob den Kopf und schnupperte. »Ich kann es riechen.«

»Das liegt nur daran, dass dieser Loheschopf Sintram und sein stinkender Köter nicht hier sind.«

Der Mann mit den wasserhellen Augen lachte auf und fing sich einige ungehaltene Blicke der anderen Zuschauer ein. Rhulib schaute zum Himmel, als bitte er um einen besser erzogenen Begleiter. Da wusste der Krieger, dass er den anderen überzeugt hatte.

Mit einem siegessicheren Lächeln beobachtete er, wie zwei Wächter den Leichnam des Aufständischen und den Kopf dazu in eine Kiste hoben und wegtrugen.

Jedoch ahnte er nicht, dass die Abwesenheit des rothaarigen Hauptmanns Sintram und dessen Hund Einfluss auf seine sorgfältig gesponnenen Pläne haben würden.

-Kamelsigille-

Aber hört ihr nicht schon am Namen, dass der Hauptmann Sintram ein Helge ist? Oder besser gesagt, ein Gander, aber zu jenem Zeitpunkt machten weder helgisches Recht noch die Sprache einen Unterschied zwischen diesen beiden Völkern, waren sie doch die ersten, die sich zu Harr bekannt hatten.

Jedenfalls würde kein Dawani, der etwas auf sich hält, sich in Begleitung eines Hundes zeigen. Hunde sind keine Tiere für Städte wie Taqat, wo sie weder jagen noch Vieh hüten können. Wenn Streuner doch einmal Abfall auf den engen Gassen finden, durchwühlen sie den, ansonsten bleibt ihnen nichts an Nahrung als die Haufen ihrer Artgenossen. Deshalb sind Hunde in den Städten des Iradoun nur geringfügig beliebter als Ratten und Mäuse und schlechter geachtet als Schaben.

Aber von Hauptmann Sintram werden wir später noch hören.

Nur zwei Tage nach Mayas Begegnung mit ihrem Onkel näherte sich eine Karawane den Roten Bergen von Süden. Es war eine Karawane der Yeldun, jenes Volkes, das in den Schwarzen Bergen inmitten der Sandwüste lebt. Die Sandwüste heißt Qaldoun.

Obwohl beide Völker Dialekte der gleichen Sprache benutzen, finden die Dawanin die Yeldun äußerst rätselhaft.

Warum sind wir jetzt in der Wüste? Was ist das für eine Frage?

Ist nicht eine gute Geschichte wie ein Teppich? Hunderte einzelne Fäden werden verknotet und ergeben in ihrer Gesamtheit ein Bild, dessen Schönheit dir, wenn die Knüpferin oder die Erzählerin etwas taugt, den Atem raubt.

Du wirst also schon noch sehen, warum ich hier anfange, von den Yeldun zu berichten, während in Taqat Maya und Rhulib u Gayb ihren Geschäften nachgehen.

Jene Karawane bestand aus dreißig Lastkamelen, die schwer an Indigo, feinem Baumwolltuch, Zucker, Kaffeebohnen, Safran und Tonflaschen mit Arganöl trugen.

Ah, ich merke schon, ihr wisst, von welchen Köstlichkeiten ich spreche.

Fünfzehn Menschen begleiteten die Karawane auf weißen Kamelen. Dreizehn dieser Menschen trugen ungefärbte Kleidung, die anderen beiden waren in Blau gewandet, doch außer der Farbe gab es keinen Unterschied in der Tracht. Ein wadenlanges Hemd, darunter eine Hose, darüber ein weiter Mantel, so wie meiner. Er wird zum Reiten mit einem Gürtel gehalten, damit der Säbel immer griffbereit ist.

Die Mäntel der Dawanin dagegen sind eng und haben eine Kapuze. Die Frauen tragen ein Kleid unter ihrem Mantel, die Männer Hemd und Hosen.

Auf dem Kopf hatten die Yeldun, die unsere Karawane begleiteten, ein – nein, eben keinen Turban.

Es ist mir gleich, was unter der Wandmalerei im Ratskeller steht. Allein, dass es ein Turban heißt und nicht ein Turab oder Turb, sollte dir verraten, dass es sich hierbei nicht um ein Wort aus meiner Heimat handelt. »an« hinten ist immer die weibliche Mehrzahl, bei uns.

Die Männer der Yeldun tragen immer ein Shekh auf dem Kopf, und dieser Brauch ist so alt, dass das Wort aus einer Sprache stammt, die lange vor dem letzten König des Iradoun gestorben ist. Die Frauen der Yeldun tragen nur ein Shekh, wenn sie auf Reisen sind – und ich bin eine Frau auf Reisen, genau.

Ein Shekh ist ein fast zwei Ellen breites, bis zu zwanzig Ellen langes Tuch aus Baumwolle, das kunstvoll um den Kopf geschlungen wird – der vorstehende Rand schützt die Augen vor dem schlimmsten Sonnenlicht wie eine Hutkrempe, und das eine Ende ist lose, hier, seht ihr? Ich kann es entweder rechts über die Schulter hängen lassen, dann ist das Shekh offen, oder den einen Zipfel links hineinstopfen, sodass nur noch die Augen zu sehen sind, dann bin ich verschleiert.

Wer im Qaldoun mit offenem Shekh unterwegs ist, verbrennt sich das Gesicht, also hatten sich alle Reisenden verschleiert.

Einer der zwei Menschen in Indigoblau ritt am Ende des Zuges und betrachtete den Flug eines einsamen Adlers über den Roten Bergen. Vorne ritt, auf einem besonders stattlichen Kamel mit einem außergewöhnlich prächtig bemalten Holzsattel, die Karawanenführerin. Es war jedoch nicht der Adler, der dazu führte, dass sie ihr Kamel mit einem scharfen »Qif !« zum Anhalten brachte.

Das Kamel – ein kastriertes Männchen – nahm die Pause zum Anlass, ein paar Zweige von einem einsamen Kameldornbusch zu zupfen.

Jetzt die Frage:

Erfüllen diese Schnipsel ihre Funktion?

  • Erklären sie das Setting der erzählten Geschichte? (Aber hallo: Wüste, Berge, eine einstmals prächtige Stadt, die unter Besatzern aus dem Norden ächzt, Sommerhitze.)
  • Erläutern sie die fremd klingenden Worte? (Es sind einige mehr als vorher, aber im Sinne der Redundanz erwähne ich die Wortbedeutungen später noch häufiger.)
  • Stellen sie die Erzählsituation samt Publikum vor? (Mehr oder weniger brave Handwerker lauschen in einem Gasthaus jemandem aus dem fernen Süden, wobei sich der Wirt und die Person schon kennen. Offensichtlich spricht das Publikum Helgisch als Muttersprache, war also vor langer Zeit einmal im Süden nicht besonders beliebt. Warum sitzt die Erzählerin hier? Wodurch hat sich die Wahrnehmung geändert?)
  • Verleihen sie der Erzählerin einen Charakter? Hier gewünscht: eine Besserwisserin mit trockenem Humor. (Im zweiten Textschnipsel merken wir, dass die Person „eine Frau“ ist. Das mit der Besserwisserin klappt hervorragend, und schlagfertig ist sie auch.)
  • Unterhalten sie möglichst gut? (Sollte passend, so von meiner Warte aus, und die Betas und die Lektorin waren auch überzeugt.)
  • Die Zoomfunktion tut, wie sie soll.

Fazit: Ginge wahrscheinlich noch etwas besser, aber auch nach zwei Jahren wüsste ich nicht, wie.

 

 

5 Gedanken zu „Jinntöchter: Die Vorher-Nachher-Show

  1. Hast du mal was von Rafik Schami gelesen? „Der ehrliche Lügner“ besitze ich seit meiner Kindheit, da geht es viel um die Kunst des Geschichtenerzählens und ich erinnere mich, dass eine schlechte Geschichte einmal mit schlecht verknüpften Fäden in einem Teppich verglichen wird. Und das „Text“ und „textil“ so ähnlich klingen ist ja auch kein Zufall.

  2. Danke für den interessanten und vor allem lehrreichen Einblick in die Entwicklung eines Anfangs :-)
    Infodump vermeiden … Da tu ich mir manchmal noch schwer mit … Du hast es sehr sympathisch und auf faszinierende Weise gelöst.

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