Wie bereits angekündigt: Ich hab da was geschrieben, und der Rote Drachen hat ein geniales Cover dafür entwerfen lassen.
Zur garantiert kalorienfreien Appetitanregung, Wartezeitüberbrückung und Aufwärmung beim derzeit ungemütlichen Wetter hätte ich außerden einen kleinen Happen:
Ungefähr zur selben Zeit durchschritten die helgischen Soldaten mit ihren Gefangenen das Tor von Taqat. Khamer, dem mittlerweile das Hemd am Leib klebte, meinte, gleich ohnmächtig zu werden.
Das Seil war immer noch nicht ganz durchtrennt. Dabei konnte er von hier aus die weiß verputzten Mauern des Palastes sehen.
Dann ein Halt mitten auf der Straße. Ein zweispänniges Fuhrwerk rumpelte ihnen entgegen, beladen mit Balken aus gelbem Holz, das ungewöhnlich, aber angenehm roch. Der Kutscher, ein dicker Helge, rief den Soldaten einen Gruß zu, offenbar kannte er einen von ihnen.
Während die Shubkhin ein Gespräch führten, säbelte Khamer weiter an seinen Fesseln herum. Endlich zerfaserten die letzten Stränge Hanf. Vorsichtig wand Khamer seine Hände frei und rannte los.
Den Weg aus der Stadt versperrte das Fuhrwerk, also duckte er sich in die nächstbeste Gasse nach Osten. Balken spannten sich etwas über Kopfhöhe zwischen den Hausmauern und hielten so beide Gebäude davon ab, einzustürzen.
Hinter ihm wurden Rufe laut, doch auf den Pferden konnten die Helgen ihm nicht folgen. Khamer schlug Haken, benutzte einen Esel, der Gemüseabfälle fraß, als Leiter über eine Mauer, kletterte auf der anderen Seite des winzigen Hinterhofs an einer Dattelpalme empor und fand sich auf einer breiteren Straße wieder, die nach wenigen hundert Schritten auf den Blutplatz traf.
Über die Straße, in die nächste Gasse, umschauen. Weiter südlich einer der Reiter, wahrscheinlich auf dem Weg zum Osttor, um die Wachen zu warnen.
Also der Gasse folgen, zum Nordtor, das war für Reiter am langsamsten zu erreichen. Zu schnell um die Ecke, noch eine Straße, einem Pferd fast vor die Füße fallen, in die braunen Augen des Mannes blicken, der Khamer die ganze Zeit in den Nacken gestarrt hatte. Zift.
Khamer duckte sich zurück, nahm eine andere Abzweigung. Hufschlag auf dem trockenen Boden hinter ihm. „Bleib stehen, du Ungeheuer!“
Noch eine Gasse. In ein Haus ohne Tür, das vor Ruß starrte und frisch verbrannt roch – schwarz weiß grün auf dem Boden, ein von den Helgen geschleifter, verbotener Tempel für die Drei. In einen verwüsteten Innenhof, über eine weitere Mauer auf eine Straße, um eine Ecke, in eine Sackgasse. Eine Frau, die gerade eine Haustüre aufschloss. An ihr vorbei in schattige Deckung.
So schattig, dass Khamer kaum etwas sah. Er blieb stehen, atmete durch, bis seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnten. Ein Empfangszimmer? Kniehohe Sitzkissen und Truhen drängten sich an allen Wänden, mitten im Raum standen zwei niedrige Tische aus Zedernholz, links führte eine offene Türe in einen anderen Raum, und geradeaus versperrte eine weitere Tür den Weg nach draußen. Durch einen dunkelblauen Vorhang fiel ein bisschen Licht, dahinter befand sich wohl ein Fenster.
Etwas kribbelte in seinem Nacken. Die Frau wartete in der offenen Türe auf die Gasse und schaute ihn an. An ihrer rechten Hand schwang eine lederne Umhängetasche, ihre linke hatte den Träger gegriffen, als sei sie bereit, ihm eins überzuziehen.
Sie trug einen hellgrünen Mantel und ein passendes Kopftuch, aber keinen Schleier. Ihre Augen hatten die gleiche Farbe wie sehr unreife Zitronen.
Jinnaugen. Das Gesicht dazu war oval, mit einem olivfarbenen Hautton, der geradezu danach verlangte, gestreichelt zu werden. Nur, um zu sehen, ob das samtige Aussehen hielt, was es versprach.
Khamer blinzelte den Gedanken beiseite.
„Höfliche Gäste klopfen, bevor sie hereinkommen.“ Sie starrte ihn weiterhin an, die Tasche nahm Schwung auf, und ihm wurde heiß vor Verlegenheit.
„Bitte vergib mir, je naha’it.“ Khamer wollte sein Shekh richten, aber da war, wie immer, kein Stoff. Überhaupt – bei Nikra, er trug nur seine Hosen und ein kurzärmeliges Hemd, das die Helgen ihm überlassen hatten. Unanständig. Würde die Frauen nur ablenken. Seine Mutter hätte ihm niemals erlaubt, so vor das Zelt zu treten.
„Warum bist du hier?“
„Die Türe war offen“, sagte er und wollte sich sofort dafür ohrfeigen. Stattdessen zog er den Kopf ein. „Verzeihung, je naha’it.“
Sie antwortete nicht, aber er wagte nicht, sie anzusehen, und zwang sich, nicht mit den Füßen zu scharren wie ein reumütiges Kind.
„Die Helgen. Ich bin auf der Flucht vor ihnen.“
„Hm.“
„Sie haben die Karawane meiner – die Karawane überfallen und mich verschleppt und … Ich will nur zurück nach Hause.“
Wieder machte sie „hm“, aber wenigstens stellte sie die Tasche ab, schloss die Türe und schob einen Riegel davor. „Du bist von den Yeldin?“
„Ja, je naha’it.“
„Maya“, sagte sie. „Setz dich.“
Ist echt ein schönes Cover geworden und der Ausschnitt weckt Vorfreude (bzw. bei mir Erinnerungen, die ich erst mal wieder sortieren muss).
Danke!
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Das schreit nach mehr!
Wann wird´s erscheinen? Ich freu mich nämlich schon sehr darauf.
Zur Buchmesse in Leipzig. Bitte übrigens, die Verzögerung zu verzeihen.
Super :-)