Plot und Konflikt: Die Vorher-Nachher-Schau

Wie schon vor zwei Jahren wollte ich diejenigen, die es interessiert, an einem Teil meines Überarbeitungsprozesses teilhaben lassen. Diesmal beweise ich anhand eines Auszugs aus Albenerbe – Das Blut von Königen, was ein paar gezielte Ergänzungen und Streichungen alles können.

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#HydraCap oder: Enthüllungen

Das Marvel-Fandom ist ein wenig in Aufruhr, da sich in der neuesten Auflage des Captain America-Comics Steve Rogers als ein Hydra-Anhänger entpuppt. Damit gehört er also zu jenen bösen Nazis, die er ursprünglich bekämpft hat. (Alle Informationen aus zweiter Hand, denn ich lese keine Comics.)

Aus diesem PR-Disaster lässt sich etwas lernen für’s eigene Schreiben.

Wenn ich so lausche, sind die viele Fans enttäuscht bzw. extrem verärgert, weil Steve Rogers als irischer Einwanderer von zwei jüdischen Künstlern entworfen wurde, und damals irische Einwanderer in den USA als Ethnie wenig besser als Kakerlaken angesehen wurden. Der blonde, blauäugige Hüne, der da seine Probleme mit der Befehlskette hat, lief somit als ein metaphorischer ausgestreckter Mittelfinger an alles Nazi-Übermenschentum.

Es wird mitunter dazu aufgerufen, die weitere Comicserie zu boykottieren, und ehrlich, ich kann das verstehen. Aber nicht, weil das ein Verrat an der Figur ist, sondern weil es sich dabei höchstwahrscheinlich um mieses Geschichtenerzählen handelt. Zwar behauptet einer der zuständigen Redakteure, dass das seit zwei Jahren in Planung war, aber offensichtlich haperte es mit den Hinweisen bis dorthin so, dass die Wendung selbst treue Leser*innen aus dem toten Winkel überrollt hat. Die beste Intention, Amerikas Chauvinismus einen Spiegel vorzuhalten, nützt dann auch nichts mehr.

Stellen wir uns das in Romanform vor: Ein Epos von 1000 Seiten. Auf Seite 500 entpuppt sich die überaus liebenswerte Hauptfigur als Agentin des Erzschurken (TM). Keiner wusste davon, es ist eine absolute Überraschung, vor allem für die Leser*innen.

Die Leser*innen sind enttäuscht und verärgert, es hagelt miese Kritiken, die Autorin ist entsetzt, dass keine*r ihre Große Enthüllung zu schätzen weiß. Falls ein Verlag das Werk unter Vertrag hat, ist er selbst schuld, denn das Lektorat hat gepennt.

Warum?

Als Autorin weiß ich von Seite 1 an, dass meine Hauptfigur für den Gegner arbeitet, also muss alles, was sie tut, egal wie tief Undercover sie ist, von diesem Wissen beeinflusst sein. Die Hauptfigur wartet vielleicht auf ein Signal des Erzschurken (TM) oder versucht, an eine gewisse Information zu gelangen. Sie wird darüber nachdenken. Tatsächlich wird sie einen Großteil ihrer Denkkapazität darauf verwenden, nicht enttarnt zu werden. Eventuell plagen sie Gewissensbisse etc.

Wenn ich aus Sicht der Figur erzähle, egal ob in der ersten, zweiten oder dritten Person, und keinen einzigen Hinweis auf den bevorstehenden Verrat gebe, sind die ersten 500 Seiten des Romans absolut unglaubwürdig und bar jeder Bedeutung für den Rest der Story.

(Ähnlich rechnet hier Alena Coletta einen Plot-Twist in „Magisterium“ durch, nur, dass dort nur 39 Seiten verschwendet wurden.)

Im Fall einer absoluten Überraschung verfehlt die Figur außerdem den „Würde X wirklich …?“-Test, den James N. Frey empfiehlt, um die Handlungen von Figuren zu hinterfragen, und den auch Leser*innen unbewusst auf alles anwenden, was in einer Geschichte passiert.

Di*er Autor*in hat ihr Publikum demnach so sehr verarscht, dass es sich weigert, ihr/ihm die Entwicklung abzukaufen – so etwas sollte ich nur tun, wenn ich das Publikum verarschen möchte und es mir völlig egal ist, dass hinterher keiner mehr etwas von mir lesen will.

Als Autor*in lebe ich nämlich davon, dass die Leute mir glauben, also sich auf den fiktionalen Traum einlassen und mit den Figuren mitleiden. Dazu muss ich ihnen versprechen, dass alles, was ich geschrieben habe, eine Bedeutung hat, und dass ich die Zeit meiner Leser*innen nicht verschwende. „Unglaubwürdig“ ist das Todesurteil jeder Geschichte.

Außerdem verschenke ich massenweise Spannung. All die inneren Konflikte, all die äußeren Konflikte, von denen nur die Hauptfigur ahnt? Wieso sollte ich dieses Potential für 500 Seiten bedeutungsloses Geplänkel unterschlagen?

Aber, mag wer einwerfen, was ist mit unzuverlässigen Erzählstimmen?

So etwas gibt es, ja. Aber: Die funktionieren auch nur, wenn ich sie als solche markiere. Meine Fiammetta in Albensilber ist beispielsweise dank ihrer Jugend eine unzuverlässige Erzählerin. Andere Beispiele wären eine Person mit Lernbehinderung oder eine, die sehr eindeutige Meinungen zu gewissen Bevölkerungsgruppen hat. Outet sich meine Hauptfigur innerhalb der ersten Seite durch einen Kommentar als homophob, können wir davon ausgehen, dass sie nicht ehrlich ist, wenn es um Schwule geht.

Fazit:

Große Enthüllungen müssen gut vorbereitet sein – das Publikum muss eine faire Chance haben, sich die Hinweise wenigstens im Nachhinein zusammenzusuchen, selbst wenn sie quasi nebenbei eingestreut sind und völlig bedeutungslos erscheinen.

Andernfalls ist es das gute Recht des Publikums, dem/der Autor*in mangelnde Erzählkunst vorzuwerfen, denn diese*r hat eine gute Geschichte einem „Ällabätsch, guckt mal, wie clever ich bin“-Moment geopfert.

Und sagen wir mal so: In einem riesigen Fandom wie Captain America ist das jetzt keine allzu brilliante Idee.

5 Tipps für Autor*innen

Via WordPress-Follows wurde ich auf Anja Bagus‘ Aktion 5Tipps für Autor*innen aufmerksam, und was soll ich sagen, nach meiner Albenbrut, die da ein 670-Seiter Queer Fantasy in 2 Teilen ist …

albenbrut coveralbenbrut-gebrannte kinder-cover… einiger Crack-pairing-Fanfiction und zweieinhalb Romanen in der Schublade, nun fünf Dinge, die ich gerne gewusst hätte, bevor ich das erste Mal bei einem Geschichtenwettbewerb abgelost habe.

Ich habe versucht, Dinge aufzugreifen, die meine Vorrednerinnen nicht angeschnitten haben, beziehungsweise dort auf Vorträge verzichtet, wo es schon genug Text gab, den mensch lesen kann, wenn si*er den Links unten folgt.

Erstens: Kritik ist ein Geschenk.

Nach meinen ersten fünf Kurzgeschichten dachte ich, ich sei das Beste seit geschnitten Brot, und die Welt warte nur auf meine Texte. Gemessen an Äußerungen von anderen Anfänger*innen bin ich keine Ausnahme.

Anfangs war ich wahnsinnig beleidigt, wenn jemand mir sagte, „da passt aber was nicht.“ Obwohl diese Kritik selten auf meine Person gemünzt war, fühlte ich mich angegriffen.

Bis ich dank meiner Textwerkstatt begriff, dass jeder Kommentar eine Hilfe ist, selbst wenn ich ihn nachher ignoriere. Dass Kritik nicht heißt: Du bist doof. Sie heißt: Das kannst du aber (noch) besser.

Dementsprechend bedanke ich mich auf für Verrisse höflich. Aus meinen Verlags- bzw. Agenturablehnungen habe ich mehr gelernt, als ich selbst gedacht hätte, da immerhin drei von vier tatsächlich begründet haben, warum sie einen Text nicht haben wollten.

Mittlerweile wundere ich mich, wenn ich mit purem Lob überschüttet werde, denn dann hege ich den Verdacht, dass di*er Leser*in mich nur schonen will, um des lieben Friedens willen.

Freund*innen so zu erziehen, dass sie einer erklären, dass sie gelangweilt waren, ist im Übrigen unerhört schwierig.

Zweitens: Ein bisschen Planung tut auch der Pantserin gut

Es gibt Leute, die planen gern vor dem Schreiben jede Szene. Es gibt andere Leute, die fangen am Anfang zu schreiben an, und rutschen dann irgendwie durch bis zum Ende. Da das auf Englisch auf dem Hosenboden stattfindet, anstatt dass sich irgendwer was aus den Fingern saugt, heißt die zweite Variante „pantsing“. Oder vornehmer Discovery Writing.

Wenn ich ohne irgendeinen Plan anfange zu pantsen, geht das manchmal gut, aber häufiger völlig in die Hose. (Ja, Flachwitz, und?)

Wenn ich also zu einem Ende kommen will, kann ich nicht ohne Plan loslegen, sondern sollte mir vorher im Klaren sein:

– Wer ist die Hauptfigur?

– Wer sind die anderen wichtigen Figuren?

– Wer ist di*er Antagonist*in, und warum ist si’*er „böse“?

– Was ist mein Thema – in einem Wort – oder wenigstens der Themenkomplex?

– Wohin will ich?

– Was sind die wichtigsten Stationen, um vom Anfang ans Ende zu kommen, also: die Plotpoints und der Wendepunkt?

Holly Lisle hat hier für Englischkönner*innen einen schönen Vorschlag, wie sich ein undetaillierter Plan machen lässt.

Den Rest überlasse ich dann meinem Unbewussten. Meistens kommen Dinge raus, die ich nicht erwartet habe, aber das ist, für mich, der halbe Spaß am Schreiben.

Drittens: Die erste Fassung existiert, um überarbeitet zu werden

Ich kann endlos am Stil eines neuen Absatzes feilen, und muss mich daher häufig zur Ordnung rufen.

Weiß ich, ob die Szene nachher so stehen bleibt? Ob ich nicht doch die andere Figur für die Perspektive auswähle? Ob der Dialog mir bei der Überarbeitung nicht zu gestelzt vorkommt, und ob ich diese ganzen schön gedrechselten Sätze so gebrauchen kann?

Antwort: Nein, das weiß ich nicht. Ergo: Stehenlassen und weiter im Text, wegen …

Viertens: Abgabetermine sind hilfreich, selbst, wenn sie nur in deinem Kopf existieren.

Um meinen Hang zum Perfektionismus in den Griff zu bekommen, setze ich mir eine Frist, bis wann die Rohfassung fertig sein soll. Diese Fristen sind relativ großzügig gefasst, weil ich mich ja kenne, deswegen hat so ein Text aber dann auch relativ wenige Rechtschreib- und Kontinuitätsfehler und kann theoretisch als Alpha-Fassung für die Alpha-Leserin stehenbleiben.

Völliges Verpuzzeln ins Detail verbietet sich dadurch jedoch. Das sofortige Rumfricklen lohnt sich sowieso nicht, denn erstens ist es immer noch die Rohversion (siehe oben), und außerdem…

Fünftens: Je länger ein Text liegt, desto eher bemerkst du seine Schwächen, aber das auch nur, wenn du ein bisschen Ahnung von der Theorie hast.

Betaleser*innen finden nicht jeden Fehler. Oder kreiden deine Grammatik an, obwohl eigentlich das Logikloch im Dialog viel schlimmer ist. Nicht mal Lektor*innen, die dafür bezahlt werden, die Lesbarkeit eines Textes zu optimieren, finden alles.

Alle Lücken zu finden ist ohnehin illusorisch, aber ein bisschen Abstand, sowie ein, zwei Umformatierungen oder andere Schriftarten tun so einer Rohfassung üblicherweise sehr gut. Laut lesen ist dann die Kür.

Käse, Wein und Steaks brauchen ja auch ihre Zeit, oder, um mit meinem Opa zu sprechen: Nu mal ned hudle.

Probleme zeigen sich natürlich um so leichter, wenn eins eine Ahnung hat, welche überhaupt vorkommen können. Was ist ein Infodump? Perspektive? Das Drei-Akt-Schema? Und was zum Henker ist eine Normseite?

Sich das eine oder andere Seminar, Schreibratgeber und/oder Schreibblogs reinzuziehen, schadet gewiss nicht. Dabei sollte es mensch nicht übertreiben, denn erstmal braucht es einen Text, den sich zu überarbeiten lohnt. Wer vor lauter Stilistikkursen in Wolfenbüttel nichts am eigenen Roman schreibt, macht was falsch.

Grau ist alle Theorie, aber maßgeblich ist im Dokument.

… Insofern allen weiterhin frohes Tippen.

Die anderen Autor*innenblogs mit ihren Tipps sind hier:

Arwyn Yale (Thriller)

Markus Gersting (Science Fiction)

Lara Kalenborn (Urban Fantasy, Steampunk, Jugendbücher)

Georg Sandhoff (Fantasy)

Brida Anderson (Urban Fantasy/Elfpunk)

George P. Snyder (Drehbücher)

Alex Jahnke (Satire)

Andrea Schneeberger (Fantasy, Mystery)

André Ka (Fantasy)

Nina C. Hasse (Steampunk)

Sandra Florean (Vampire)

Die bloglosen Autor*innen sind, wie alle anderen, dann bei den 5Tipps auf Anja Bagus‘ Seite zu finden. Dort gibt’s Steampunk zu lesen.

Ich möchte lesen!

… Um mal Agent Fox Mulder aus der Abteilung X-Akten zu paraphrasieren.

Ich möchte wirklich gerne lesen. Ich bin auch bereit, Geld für gute Texte auszugeben.

Dementsprechend stellt sich mir häufiger die Frage: Was ist ein guter Text?

Ich möchte gerne Fantasy lesen, die ich so noch nicht gesehen habe. Gebt mir nicht schon wieder irgendeinen heterosexuellen Typen, der die Welt retten darf. (Das ist für mich häufig nur auf Filmlänge erträglich, zumal mich erstens dekorative Explosionen, zweitens dekorative Menschen und drittens die CGI ablenken.) Gebt mir nicht schon wieder eine heterosexuelle Frau, die ohne zugehörigen Mann nicht vollständig ist.

Zum Beispiel:

Ich bin gerade am Überlegen, ob ich mir Peter V. Bretts „Lied der Dunkelheit“ zulege. Die Leseprobe auf Englisch habe ich noch nicht zu Ende gelesen. Warum? Der Weltenbau überzeugt, ich mag den jungen Arlen, die Schreibe auf Englisch passt. Aber. Da geht es ums Heldentum, um Männer, die gerne kämpfen würden, und ihre Frauen und Kinder beschützen …

Ah. Ja. Dass es vielleicht auch Frauen gibt, die nicht nur unter den Dämonen, sondern auch unter ihrer Hilflosigkeit leiden, ist, wie soll ich sagen, offenbar jenseits des Vorstellungsvermögens jener Dorfbewohner (ohne das *innen, denn die Mädels* scheinen keine Meinung dazu zu haben). Und so, wie es sich auf den ersten vierzig Seiten anhört, auch der des Autors.

Zumindest meine ich, dass es im Subtext eines Romans spürbar ist, ob mensch sich eine Kriegerkultur ausgedacht hat, oder ob mensch an die Kriegerkultur glaubt, mit den ganzen Vorschriften für Frauen, die in einem geregelten Kontext vor allem viele Kinder haben sollen. Einer solchen Kultur ist jede Frau, die eine eigene Meinung hat, gefährlich, und jede*r, di*er sich dem Fortpflanzungsgebot entzieht, ein*e Sünder*in. Ergo Sexismus, ergo Homophobie.

Jedenfalls halte ich die Aussage, dass Männer vor allem stark sein müssen, und Frauen vor allem beschützt werden müssen, für extrem giftig, weil sie weder Männern* noch Frauen* gut tut.

Wünsche ich mir also Texte, die andere als Randgruppenfiktion abtun würden? Vielleicht. Gibt’s auch, Unmengen im Klein- und Selbstverlag. Hab selbst einen geschrieben, nicht wahr?

Jetzt kommt der Haken: Ich bin von den vielen englischen Texten verwöhnt, die ich gelesen habe, und den Rest hat Stephan Waldscheidt erledigt. Dessen Motto ist: Bessere Romane schreiben. Warum okay, oder gut, wenn es auch verdammt gut gehen könnte?

Ergo: Wenn ich die Leseprobe lektorieren will, gebe ich kein Geld aus.

Infodumps finde ich stinkend langweilig – ganz ehrlich, ich muss nicht die ganze Hintergrundgeschichte einer Figur kennen, und ich muss sie nicht auf den ersten drei Seiten lesen.

Rechtschreib- und Grammatikfehler sind ebenfalls ein Abturner – und ich meine damit nicht die „wenn mensch ein Auge zukneift, geht es auch ohne Großbuchstaben“, da dem Verständnis nicht abträglich, sondern eher die „Ach, war da der Satz zuende?“-Variante.

Genauso, wenn sich wer nicht darauf einigen kann, wie eine Figur oder ein Wesen heißt, oder geschrieben wird.

Oder wenn mir die Zeit mit zahllosen Details gestohlen wird, die nachher unmöglich alle wichtig sein können. (Ein Schweineglück, dass ich „Der Turm“ nur ausgeliehen hatte. Ich habe nach drei Kapiteln aufgegeben, weil ich vor lauter exotischen Katzennamen und architektonischen Einzelheiten vergessen habe, mich für das weitere Schicksal der Figuren zu interessieren.)

Monstersätze von Seitenlänge … sorry, Meister Bocaccio. In diesem Falle kämpfe ich mich durch wegen der Allgemeinbildung und so, aber inhalieren kann ich diesen Text nicht.

Idealerweise ist der Text entweder inhalierbar, oder so gut, dass ich über manche Sätze länger nachdenken will.

Meine Schmerzgrenze ist bei allem, was ich als handwerkliche Fehler empfinde, relativ niedrig. Die Hälfte meiner Motivation zum Schreiben scheint manchmal ein „das kann ich aber besser“.

Ob es wirklich besser ist, müssen nachher andere entscheiden. Als Autorin hänge ich immer irgendwo zwischen dem Gefühl, das Beste seit geschnitten Brot zu sein, und Selbstzweifeln. Gelegentlich bekomme ich auch eine realistische Einschätzung zustande.

Wenn also selbst das Lektorat, von dem mensch annehmen sollte, dass es mal einen Schreibratgeber in der Hand hatte, dem/der Autor*in bei für mich offensichtlichen Schnitzern keine Nacharbeit abfordert, habe ich üblicherweise graue Aussichten auf die anderen 200 plus Seiten.

Das ist ein Dilemma. Einerseits will ich Zeug lesen, das die großen Verlage meistens nur mit spitzen Fingern anfassen.

Selbst- oder Kleinverlag heißt aber, dass nicht so viel Geld für ein ausgeprägtes Lektorat zur Verfügung steht. Manchmal heißt es auch: Es gibt nicht so viele gute Texte zu kaufen, wie wir gerne hätten, weil nur ein Bruchteil aller Schreiberlinge sich mit dem Thema überhaupt auseinandersetzt.

Als ein Mensch einer Randgruppe weiß ich das. Heilika existiert auch, weil ich meine eigene Randgruppe gerne in einem fantastischen Setting sehen wollte.

Andererseits bin ich nicht bereit, beim fiktionalen Träumen zu viele Abstriche zu machen. Wenn ich lese, will ich weg sein, und jedes fehlende Gänsefüßchen stört mich dabei.

Ein Dilemma, für das es wohl so bald keine Lösung gibt.

Dialog und Subtext

Vor einer Woche hat mir meine Lektorin den Text für den zweiten Teil der Albenbrut zurückgeschickt. Das heißt, in meiner Freizeit sitze ich zuvörderst vor meinem Computer, finde Stilmängel und flicke kleinere Plotlöcher. Große hat sie keine gefunden, worüber ich sehr erleichtert bin.

Der Witz an der Sache ist, dass ich auf einmal viel mehr Mist finde als meine Lektorin. Unschöne Wiederholungen von Wörtern und gleichen Satzkonstruktionen, überflüssige Adverbien, etc. pp.

In diesem Zusammenhang fiel mir ein, dass ich vor einiger Zeit mal ein Tutorial für eine Schreibkollegin gemacht habe, die ihre liebe Not mit dem Konzept „Dialog“ hatte.

Dialog dient immer der Informationsvermittlung, und zwar an die Leser_innen. Wir bekommen Informationen über die Welt und die Figuren. Wer geschickt damit arbeitet, kann auf Infodumps* verzichten. Außerdem sind Dialoge bestens dafür geeignet, Konflikte zu erzeugen und zu vertiefen. Konflikte sind Spannungen zwischen den Figuren, und wie Autor_inn_en von Fiktion wissen sollten: Ohne Spannung geht gar nichts. Di_e_r Leser_in klappt das Buch zu, beziehungsweise schließt die Datei, und nix war’s mit der guten Rezi bei Amazon.

Nun ist kein erster Entwurf perfekt, und um der Kollegin zu zeigen, wozu Überarbeitungen alles gut sind, habe ich für sie die frühe Version einer Szene zerpflückt. Unter dem Cut also einmal, „wie schreibe ich einen Dialog?“, oder, besser gesagt, „wie überarbeite ich einen Dialog?“. Wer gerne weiterhin dem Genieglauben anhängen möchte, klicke den Link nicht an.

*Infodump: Mit der Mistkarre sämtliche relevanten und irrelevanten Infos über die Leser_innen kippen. Die werden’s schon sortieren …

Hier geht’s in Gruselkabinett: Weiterlesen