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Über Carmilla DeWinter

Carmilla DeWinter schreibt Phantastik und verque(e)re Texte.

Gelesen 2024

Schon wieder ein Jahr um? Ich fand es gar nicht so kurz, aber an den nicht fanfictionesken gelesenen Werken lässt sich das kaum absehen. (Vielleicht aber an jenen Fanfictions, die ich geschrieben habe, auch wenn noch nicht alle gepostet sind.)

Ich wünsche uns allen jedenfalls, dass es anno 2025 möglichst wenig Grund zum Eskapismus geben möge.

Und damit die Liste:

Isa Theoald: Anouk 3 – Mal wieder ein so amüsanter wie rasanter Ritt, unter anderem durch das Jenseits, verwunschene Gartenfeste und eine Luxusvilla.

Luci van Org: Wir fünf und ich und die Toten. Ein Buch für Kinder von schlechten Eltern, sagt die Autorin. Auch für Kinder von so mittel Eltern bis guten Eltern ist diese gruselige Novelle eine spannende und vielleicht auch herzerweiternde Lektüre.

bell hooks: Ain’t I a Woman. Ein kluges Buch über Schwarze Frauen und ihre Kämpfe mit weißen Feminist*innen. Sicher noch mal zu lesen.

Mirna Funk: Von Juden lernen. Eine kurzer Parforceritt durch die jüdische Philosophie, die teils weit vom abendländischen Entweder-Oder entfernt ist. Ich komme nicht immer bei den gleichen Schlussfolgerungen heraus (in Sachen Wirtschaft neige ich zu weniger Sozialdarwinismus), aber der Weg dorthin ist äußerst lehrreich. Zur Horizonterweiterung von christlich sozialisierten Menschen empfehlenswert.

Alice Hasters: Identitätskrise. Betrachtungen über die Welt nach dem angeblichen Ende der Geschichte. Muss ich wohl auch noch mal lesen, denn außer „yes, baby!“ hab ich derzeit nicht viel zu bieten außer Begeisterung.

Alan Mikhail: God’s Shadow. Eine (englischsprachige) Biographie über Sultan Selim I. (dem Grimmen), der von 1512 bis 1520 über das Osmanische Reich herrschte (und es um Jerusalem und große Teile der arabischen Halbinsel sowie Ägyptens erweiterte). Ein faszinierender Blick in einen Teil der Geschichte, der bei uns wegen Reconquista, Kolumbus und Reformation meist unter den Tisch fällt. Obwohl sich Teile dieser Ereignisse durchaus bedingen.

Janina Ramirez: Femina. Mehr Geschichtliches, in diesem Fall ein Blick auf mittelalterliche Frauen-Biographien, von frühen angelsächsischen Königinnen über Hildegard von Bingen bis zu Königin Jadwiga von Polen und Litauen. Spannend und leicht lesbar erzählt. Als Nerd hätte ich mir noch etwas mehr inhaltliche Tiefe gewünscht.

Karl-Heinz Göttert: Die Sprachreiniger. Es gibt einen Grund, warum die Fahrkarte das Billet ersetzte, nämlich eben die namengebenden „Sprachreiniger“, die seit den 1870ern das Deutsche von „welschen“ Einflüssen zu befreien gedachten – im Echo auf Alice Hasters: Die Deutsche Einheit im neuen Kaiserreich sollte sich auch in der Sprache spiegeln, aber so richtig einig ist eins sich hierzulande ja irgendwie trotzdem nie, trotz Sprache … Ein Blick in die Vorgängerorganisation des Vereins Deutsche Sprache, bei dem das Lachen zu häufig im Halse stecken bleibt.

Florence Brokowski-Shekete: Raus aus den Schubladen! Meine Gespräche mit Schwarzen Deutschen. Die Autorin portraitiert Schwarze Menschen in Deutschland, die sich beruflich an Orten befinden, wo sie das rassistische Stereotyp nicht vermutet. Bei einer äußerst interessanten Lesung gekauft, liest sich dieses Buch mit Interviews flüssig, auch wenn einiges davon zu kauen gibt.

Mithu Sanyal: Antichristie. Am besten wohl als magischer Realismus beschriebener Roman über eine Serienautorin, die eine Reise nach London übernimmt, um mit einem Team Agatha Christie zu dekolonialisieren. Gleichzeitig wacht die Hauptfigur als junger Einwanderer aus Bengalen auf und wird in einen Kreis von indischen Freiheitskämpfern gezogen, die vor dem Ersten Weltkrieg aus dem India House operieren. Oder: Gandhi war nicht der erste, der sich um die Unabhängigkeit Indiens kümmerte. Eine Geschichtsstunde ohne einfache Antworten.

Alfred Bellebaum (Hg.): Glück hat viele Gesichter. Aus Recherchegründen eine Aufsatzsammlung gelesen, die mit ein wenig Glück zu zitieren ist.

Sara Ahmed: Das Glücksversprechen. Eine feministische Kulturkritik, die recht gut zu Alice Hasters passt. Wenn Leute, die auf Missstände hinweisen, als Spaßverderber*innen gelten, dann läuft was schief … Die Autorin analysiert, wie Glück gedacht wird, an welchen Objekten die westliche Gesellschaft dieses Glück festmacht, und fragt sich, was passiert, wenn der einen Glück der anderen Unglück ist.

Cornelia Fleck: Queerfulness. Zum Abschluss ein positiver Rausschmeißer über das „Glück einer solidarischen Protestkultur“, passend zu Sara Ahmed und irgendwie auch zu Alice Hasters. Identität ist ja irgendwie ganz nice, aber nichts, wo wir stehen bleiben sollten (denn Identität ist sowieso immer in Aushandlung und damit fließend). Kurz und motivierend.

Aber … Nazis? Ein kritischer Blick auf ein Kompendium

Heidentum zum Zweiten. (Für Teil 1 hier klicken.)

Sobald du irgendwie erzählst, dass du „germanisches Heidentum“, Asatru oder wie auch immer praktizierst, landest du schnell in der rechten Ecke. Gleichermaßen wittern Rechte Sympathie für ihre Anliegen, wenn eins einen Thorshammer als Schmuckstück trägt.

Woher kommt das und was machen die ganzen Heidnischen, die sich nicht als rechts verstehen?

(Der Blogpost ist lang. Wie so häufig kann ich es mit den Rechtspopulisten und ihren Soundbytes nicht aufnehmen. Mit Bullshit über Geflüchtete Ärger, Hass und Neid zu provozieren, ist halt wesentlich einfacher, als fundiert zu argumentieren.)

Weiterlesen: Aber … Nazis? Ein kritischer Blick auf ein Kompendium
Ist bei Distanzierungen nach Rechts immer mit dabei: Loki (hier aus einem isländischen Manuskript, 18. Jahrhundert).

Germanenbild aufräumen – ein hehres Ziel

Um bezüglich neue Heiden und Rechtslastigkeit ein bisschen klüger zu werden – außerdem musste ich ja wissen, was Jasna in Lokis Fesseln so gelesen hatte – stöberte ich zwischen 2018 und 2020 bei riesenheim.net und beim Nornirs Aett, und zuletzt legte ich mir neben einer E-Version von Andreas Mangs Aufgeklärtes Heidentum noch Asatru – Die Rückkehr der Götter zu (derzeit nur antiquarisch erhältlich). Ursprünglich für die US-amerikanische heidnische Organisation „The Troth“ erstellt, wurde es für die deutsche Übersetzung von Mitgliedern des deutschen Eldaring e.V. überarbeitet und ergänzt.

Es bezieht laut Klappentext „klare Position gegenüber jenen, die das Bild der Germanen (…) auf völkische Muster zurückführen (…) wollen“.

Schon beim ersten Lesen des ersten Drittels – ein Schweinsgalopp durch die Religionsgeschichte Deutschlands, Großbritanniens und Skandinaviens von der Steinzeit bis zur „Wiedergeburt“ des Heidentums – roch einiges diesbezüglich eher nach Schwurbelei statt nach Aufräumen. Allerdings hätte ich meinen Finger nicht genau darauf legen können, was mich so störte.

Erst, nachdem mich ein Blogpost von Thursa zu einer beeindruckend umfangreichen Analyse von Stefanie von Schnurbein schickte, begriff ich, was da schieflief. Von Schnurbeins Arbeit zeigt auf, wie sich klassisches völkisches und nationalistisches Denken entwickelte, wie die Neuen Rechten es zum etwas gesitteter klingenden Ethnopluralismus machten, und dass weder Gesamtgesellschaft noch Asatru/Alte Sitte/Neuheidentum vor derartigen Denkweisen gefeit sind.

Von da aus kletterte ich weiter zum Rabenclan und dem Ariosophieprojekt, wo hauptsächlich Hans Schuhmacher die völkische Denke in der Neuzeit und besonders im Heidentum untersuchte.

Und wenn eins dann „Asatru“ von vorn liest, fallen einem ein paar Sachen auf.

Kapitelweise Zerlegung – was bleibt vom Ziel übrig?

Im ersten Kapitel geht es um die Steinzeit. „Am wichtigsten ist vielleich, dass die genetischen Wurzeln der meisten Europäer sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen lassen.“ (S.27) Das Buch verbindet das mit der Ahnenverehrung, die im Asatru einen hohen Stellenwert hat.

Es hinterlässt aber ein „Geschmäckle“, wie wir Süddeutschen sagen. Die Affirmation, dass deine Vorfahren hier immer schon gelebt haben und dass das Land das angestammte Geburtsrecht sei (vulgo „Blut und Boden“), haben wir ja schon anderswo gehört. Dass das mit der Ahnenverehrung dann im hinteren Teil des Buchs eher kurz angerissen wird? Honi soit qui mal y pense.

Fünfzehn Buchseiten lang beschreibt „Asatru“ die „Indoeuropäer“ (S. 29 ff.). Wer waren die? Gute Frage.

Aufgrund von Ähnlichkeiten zahlreicher Sprachen scheint es wahrscheinlich, dass es eine Kultur gab, die deren gemeinsame Urform sprach. Diese ur-indoeuropäische Sprache verbreitete sich dann (wie, ist nicht mehr nachzuvollziehen) und spaltete sich in verschiedene Sprachfamilien auf, die aber wieder untereinander Einfluss nahmen. Die germanische Sprachfamilie ist wohl ein recht junger Zweig dieses Baums und keine dreitausend Jahre alt.

Nun ist es zwar ganz unterhaltsam, von verschiedenen Wortformen auf deren Urform zu spekulieren und von da aus auf die Entstehungskultur und gar auf die religiösen Vorstellungen und die Opferkultur und Riten. Wir haben dazu aber keine Funde. Es gibt die These, dass die Kurgan-Kultur der vorderasiatischen Steppe eine indoeuropäische Ursprache nutzte, gesichert kann das jedoch niemals sein, denn die Menschen damals hatten keine Schrift. Demnach erscheint es etwas müßig, so viel Text auf eine Spekulation zu verwenden. Das alles dient dazu zu beweisen, dass die „Wurzeln unseres Glaubens sehr weit und tief in die Vergangenheit“ reichen (S. 44).

Abgesehen davon, dass ich nicht wegen des Glaubens da bin, und dass Mythen selten aus der leeren Luft entstehen, sondern Geschichten über Gottheiten sind, die historischen Einflüssen unterliegen … wieder ein Geschmäckle. Außerdem: Wenn ich als neue Heidin nicht den Hintern in der Hose habe zuzugeben, dass ich mir da aus historischen Quellen was zusammenstückle, dann sollte ich mir das mit den nordischen Gottheiten noch mal überlegen. (Vergleiche: Heidnische Tugenden: Mut.)

Die real existente Bronzezeit mitsamt ihren großartigen Funden (wie die Himmelsscheibe von Nebra) hat dann nur fünf Seiten Platz. Und auch die erste Epoche, wo es wenigstens Fremdberichte gibt, die tatsächlich von „Germani“ sprechen, nämlich die Eisenzeit samt der Römer, die von den Sueben bis zu den Goten mit allerlei germanischsprachigen Stämmen zu kämpfen hatten, erhält gerade mal elf Seiten. Also weniger als die sprachlichen Spekulationen.

Klar, Tacitus war tendenziös und wollte die dekadenten Römer*innen maßregeln. Aber so ein paar erwiesene Dinge – Sakralkönigtum, mythische Stammesvorfahren, wobei die Verwandtschaft wohl sozial statt genetisch gedacht wurde, Thingversammlungen, Frauen als in der Zukunftsdeutung Befähigtere – wären im Detail schon interessanter gewesen als spekulative Frühlingsrituale von vor 8000 Jahren. Auch interessanter als die immer wieder erwähnten Männerbünde, deren Existenz laut Stefanie von Schnurbein keinesfalls so sicher ist wie behauptet – und die in der deutschen Geschichtsschreibung seit 1900 immer wieder dazu herangezogen wurden, um männliche Herrschaftseliten zu legitimieren.

Sprache, Kultur und die Völkerwanderungszeit

Auch aus der Völkerwanderungs- und Vendelzeit hätten wir mehr Fund- und Schriftzeugnisse als zu „den Indoeuropäern“, aber auch die bekommt weniger Platz eingeräumt. Und hier finden wir gleich auf der ersten Seite recht entlarvende Zitate.

„Innerhalb dieses Zeitraums siedelten sich germanische Völker in ganz Europa und sogar Nordafrika an und übernahmen (…) große Gebiete des römischen Reiches. Bei diesem Prozess verloren sie allerdings so manches an eigenem kulturellen Erbe, was dazu führt, dass die Nachfahren der Franken und Burgunder heute französisch (…) sprechen. Nur die Angelsachsen und die Stämme, die in Germanien und Skandinavien blieben, konnten ihr kulturelles Erbe bewahren.“ (S. 65)

Abgesehen davon, dass die Stämme sich damals wohl kaum als „Volk“ begriffen, enthält „verloren/bewahren“ eine Wertung, die ich in diesem Zusammenhang kritisch finde. Wir können hier davon ausgehen, dass der Grund für den Wandel und Austausch keinem gezielten Imperialismus entsprang, der eine eroberte Kultur mit allen Mitteln zu assimilieren trachtete. Tatsächlich nahmen die Zuwanderer ja die Sprachfamilie der Alteingesessenen an – offenbar erschien den Menschen das damals praktisch und keineswegs als Verlust?

Gleichzeitig wird hier Sprache mit Kultur gleichgesetzt, was ebenfalls kritisch ist. Nicht alle Menschen mit der gleichen Sprache haben die gleiche Kultur, innerhalb einer Kultur können verschiedene Sprachen unterschiedlicher Sprachfamilien miteinander friedlich leben.

Jedenfalls ist hiermit der völkische Mehrklang komplett: Landschaft – Genetik – Sprache – Kultur – Religion. Alles „natürlich“ entstanden, weshalb Menschen mit einer gewissen Genetik in einer gewissen Landschaft eine gewisse Kultur, Sprache und Religion am besten steht.

Kein Wunder muss der Autor die Züge der Angeln und Sachsen ins römisch-keltische Britannien und deren „Auffindung“ von Gottheiten wie Thonar und Wodan in der dortigen Landschaft als Beispiel hernehmen, das heutigen Heidnischen in den USA und Australien als Beispiel dienen kann.

Dass die beiden Länder Englisch als Amtssprache haben, hat damit wohl nicht unwesentlich zu tun. Auf diese Weise können sich weiße Menschen auf anderen Kontinenten getrost als Nachfahren der indoeuropäischen Germanen verstehen und sich daher auf die ihnen „von Natur aus“ zustehende Religion „ihrer Vorfahren“ etwas einbilden.

Auch die Wikinger, aus deren mythologischen Erzählungen das meiste Material stammen dürfte, das wir heute in Form der Edden und der Sagas kennen, werden kürzer abgehandelt als die Indoeuropäer. Hier reißt der Autor allerdings wenigstens an, wie sehr die Annahme des Christentums durch Herrschende oft machtpolitischem Kalkül diente.

Und die Neuzeit?

Eine „Wiedergeburt“ zeichnet das entsprechend benamste Kapitel dann seit dem 14. Jahrhundert nach. Sicher dürfen wir uns heute freuen, mit welcher Emsigkeit seitdem alte Schriften gesammelt, Märchen aufgezeichnet und Volksbräuche dokumentiert wurden.

Allerdings entsprang dieser Eifer oft politischen Motiven – oder wurde aus politischen Motiven gefördert. Zunächst diente die Besinnung auf das Eigene/die Nation dazu, sich nach der Reformation vom Einfluss Roms und der katholischen Kirche freizumachen. Auch eine Rolle dürfte gespielt haben, dass man eine eigene glorreiche Vergangenheit suchte im Vergleich zu jenen Ländern, die sich für ihre Geistesgröße auf die römische und griechische Antike berufen konnten. Und die das Christentum römisch-germanischer Prägung ja zunächst und wahrscheinlich vorsätzlich seinem Pöbel vorenthalten hatte, indem es die Schriftkunde dem Klerus und der Oberschicht vorbehielt. Im Nachhinein für die geneigten postmodernen Heid*innen ein saublöder Schachzug, damals aber cleveres Machtkalkül.

Als Nächstes reißt das Buch die Romantik an – dabei das unterschlagend, was diese „Betonung der individuellen Identität und der spirituellen Entwicklung des Einzelnen, die der Leitfunktion von Seele und Gefühl vor der des Intellekts, Begeisterung für die unverfälschte Natur“ (S. 88) mit ausgelöst hatte. Nämlich ein Widerstreben gegen die naturwissenschaftliche Denkweise. Zur naturwissenschaftlichen Empirie passten weder Götter, Alben noch Seelen. Sodass die Welt fortan ein großes Uhrwerk wurde, und menschliche Körper waren mechanische Apparate, in deren Kopf der menschliche Geist saß und sie steuerte.

Neben den individuellen Sehnsüchten enthielt die Romantik den Glauben „an eine verklärte Vergangenheit, die angeblich von ritterlichen Werten und einer ‚Volksseele‘ als natürlicher Quelle höchsten künstlerischen Ausdrucks geprägt gewesen sei“ (ebd.).

Nebenbei war Napoleon auf Eroberungsfeldzug aus, und die „nationale Unabhängigkeit“ (lies: die Interessen des alteingesessenen Adels) musste gegen den fremden Usurpator (mit seinen Gesetzesreformen, die er den eroberten Gebieten angedeihen ließ) verteidigt werden, egal wie en vogue bis dato das Französische in der Oberschicht gewesen war.

Dazu mussten eine Nation und das dazugehörige „Volk“ für die „Volksseele“ aber erst einmal erfunden werden. Und damit waren die Germanen als Ur-Deutsche mal wieder in. Zudem suchten vor allem die Geisteswissenschaften wie die Linguistik, diese Idee der Volksseele zu beweisen und stellten sich (sicher oft unbewusst) in den Dienst der politischen Ziels eines geeinten Deutschlands. (Statt der zahlreichen Teilstaaten, die es damals gab.)

Ohne diese Erfindung des „deutschen Volks“ könnte es die „Völkischen“ aber gar nicht geben. (Vgl. u. a. Geary, Europäische Völker im frühen Mittelalter.)

Wie sich diese Konstruktion von Völkern (im Gegensatz zu Staaten) und der „Volksseele“ nicht nur im wilhelminischen Deutschland zu Nationalismus auswuchs und wie die europäische Naturwissenschaft sich in einer Begeisterung für Darwins Evolutionstheorie zu Rassentheorien als Kolonial-Apologetik verstieg und den seit Jahrhunderten bestehenden Antijudaismus fröhlich als Antisemitismus mit integrierte, steht nicht im Buch. Wir bekommen dann vor allem die esoterischen Nazi-Inspirationsgeber in Form der Ariosophen und deren allzu reale Auswüchse serviert. (Witzigerweise hielt Hitler selbst jegliche Rekonstruktion des Heidentums offenbar für Spinnerei.)

Gegen Rassismus, oder auch nicht …

Danach fabuliert das Buch anhand eines einzigen konkreten (und eher zweifelhaften) Beispiels von „Unterdrückung“ (S. 102).

Völkische und andere politsch rechtslastige Menschen halten sich übrigens auch gern mal für unterdrückt. So etwas gehört zur Selbstinszenierung, denn Unterdrückte halten eher auf Gedeih und Verderb zusammen und können sich dazu noch für besonders mutig halten, wenn sie „das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen“ für sich reklamieren und jeglicher sachlicher Kritik mit Geschrei von „Zensur!“ begegnen.

Eher wertungsfrei berichtet dann die „Entstehung von Asatru“ von diversen Gruppen, die entstanden – wie viele davon ein „ethnisches“/„folkish“ Asatru vertreten, muss zwischen den Zeilen oder am besten auf der entsprechenden Homepage der besagten Truppen nachgelesen werden.

Wie sich das anhört, auch wenn „ethnisch“ nirgendwo steht: „Das traditionelle germanische Heidentum ist die indigene‭ (‬eingeborene‭) ‬Naturreligion der germanischen Völker Nord-‭ ‬und Mitteleuropas,‭ ‬die sich aus den religiösen Erfahrungen hier heimischer Menschen in Einklang mit der Natur ihres Landes organisch entwickelt hat.‭ ‬Als Naturreligion beruht es auf der Heiligkeit der Natur,‭ ‬als indigene Religion auf der Verwandtschaft zwischen der heimischen Natur,‭ ‬den Gottheiten,‭ ‬die in ihr sind,‭ ‬und den Menschen,‭ ‬die ihr angehören.‭ ‬Da die Natur und somit auch die Götter in ihr vielfältig und überall anders sind,‭ ‬lehnen wir Ansprüche auf universale Gültigkeit ab und vertreten das gleiche Recht aller Menschen auf ihre eigene Religion.“ (Einstmals auf den Einstieggseiten des VfGH zu finden, mittlerweile in ein PDF verbannt.)

Ah ja. Und wer entscheidet noch mal, was die „eigene“ Religion ist? Nicht die Leute, die sie ausüben wollen, sondern wo die Leute herkommen, also Gene und Landschaft, die als das Gleiche gedacht werden. Aber offen rassistisch oder völkisch ist das nun nicht mehr, auch wenn „Volk“ drin vorkommt und die germanischen Stämme keine Völker waren. Somit ist es ethnopluralistisch. Alle Sandkästen sind gleich gut, aber jedes Kind möchte bitte in seinem eigenen Sandkasten bleiben. Austausch von Sand oder Kindern ist gleichermaßen abzulehnen.

Was es nicht unbedingt besser als offen geäußerter Rassismus macht. Immerhin habe ich dann als Kind das Recht, andere Kinder aus meinem Sandkasten rauszuwerfen, wenn sie nicht seit Generationen in diesem Sandkasten verwurzelt sind. Diese Denke ist nicht besonders originell, wenn aus den Massenmedien der Ruf nach einer „deutschen Leitkultur“ herbeihallt, Pegida geschichtsvergessen das „christlich-jüdische Abendland“ bemüht und eine Kollegin es irgendwie seltsam findet, dass sie trotz ihrer Eltern (mit türkischen Pässen) deutsche Staatsangehörige ist, weil sie eben hier geboren wurde. (Fragt sich, ob sie das auch denken würde, wenn ihr „die Deutschen“ nicht ständig das Gefühl geben würden, eine „Ausländerin“ zu sein. Eine Denke, die dem römischen Reich wie auch den germanischen Stämmen wohl völlig abgegangen wäre.)

„Die Sippentreue unsererseits gilt nicht nur den Göttern,‭ ‬sondern allen Wesen,‭ ‬die durch gemeinsame Herkunft aus unserem Land mit uns verwandt sind.‭ ‬Nach unserer Überzeugung dürfen wir unser Land und seine Pflanzen und Tiere ebenso wenig ausbeuten und sinnlos schädigen wie seine Menschen.‭“ (Quelle: https://web.archive.org/web/20211203135019/https://www.vfgh.de/heidentum/grundlagen/)

Und was ist mit anderen Ländern und deren Pflanzen, Tieren und Menschen? Also doch nicht so gleichwertig wie behauptet.

Wenn Alte und Neue Rechte bei solchen Verlautbarungen Morgenluft wittern, muss sich eins nicht drüber wundern.

Aber sind derlei Einstellungen extrem genug, um der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland“ zuwiderzulaufen? Darunter fallen „Rechts- und Linksextremismus, homophobe und rassistische Einstellungen, Sexismus, der Aufruf zur Gewalt sowie die okkulten Weltanschauungen der Theosophie bzw. der Ariosophie“. So was will der Eldaring e. V. (und damit die Erstellenden der Übersetzung des hier zerlegten Buchs) nämlich nicht vertreten, obwohl er sich ansonsten „politisch neutral“ verhält. (Quelle: https://eldaring.de/verein/selbstverstaendnis/)

Kann sich eine Religion politisch neutral verhalten?

„Die germanische Religion war Sache der politischen Gemeinschaft und stand mit dem rechtlichen, staatlichen und sozialen Leben in engstem Zusammenhang …“, so „Asatru“, das Buch (S. 129).

Also entgegen der Behauptung auf der Webseite: Religion regelt das Zusammenleben einer Gruppe. Religion kann sich nie völlig politisch neutral verhalten – sonst wäre eine Partei wie die CDU gar nicht möglich, die Kirchen würden niemals zu sozialen und politischen Fragen Meinungen raushauen und ich hätte niemals eine evangelikale Abtreibungsgegnerin aus der Apotheke rausekeln müssen.

Und über diesem Statement der politischen Eingebundenheit von Religion verliert sich „Asatru“ dann weiterhin in dem Versuch, mit der Berufung auf die Religionswissenschaftler Sundermeier und Assmann, Religionen aufzuteilen. Es gebe primäre und sekundäre Religionen. „Ziel der primären Religion ist die Beheimatung des Menschen in der Welt und seine Integration in die Ordnung des Irdischen. Die sekundäre Religion hingegen zählt auf Weltüberwindung, auf Erlösung des Menschen von den Zwängen dieser Welt …“ Und dass die sekundäre Religion, die „immer eine Buchreligion“ sei, irgendwie schlechter ist, versteht sich im Subtext natürlich von selbst.(S. 130).

Religiös wenig aufgeschlossene Menschen (das Gros der Bevölkerung) verstehen unter „Buchreligion“ das Judentum, das Christentum und den Islam, eventuell noch den Buddhismus. (Wer hätte an den Sikhismus gedacht? Bitte melden.)

Das Judentum ist aber nach der Definition von Sundermeier/Assmann eine primäre Religion. So etwas sollte eins dem geneigten Publikum erklären, sonst hört die mittlerweile zynische Lesende den Antisemitismus trapsen.

Desgleichen wirkt die nachfolgende Gegenüberstellung von Erlösungs- und Versöhnungsreligion nach Sundermeier etwas lächerlich, zumindest für Menschen, die das Vaterunser mal auswendig lernen mussten. („Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, nicht?)

Im Schlussabsatz wird beklagt, dass in Deutschland die „universalistischen“ Gruppen und die „folkish“ Gruppen aus politischen Gründen nicht zusammenarbeiten könnten. Die „Darstellung in den Medien“ würde von dieser Abgrenzung abhängen und „das Überleben“ für deutsche Asatru-Gesellschaften wäre sonst nicht möglich (S. 131). Dieses Lamento ist dann so konsequent wie apolitisch und trotz der 130 Seiten langen Geschichtsstunde ein wenig geschichtsvergessen.

Und wie anderswo schon bewiesen wurde: Die Rechten brauchen keine Mehrheiten, die brauchen nur Leute, die sie tolerieren und sie ihre Ideologie der Ungleichwertigkeit ungestört verbreiten lassen.

Also … wenn das alles so ideologisch besetzt ist, wieso ein langer Exkurs statt einfacher Urteile?

Ich will keineswegs behaupten, alle Personen, die an der Erstellung des Textes von „Asatru“ mitgewirkt haben, seien rassistisch, völkisch oder verträten den Ethnopluralismus. Oder dass sie sich sonst wie für etwas Besseres hielten, weil sie zu Asatru gefunden hätten.

Sonst hätte ich ja einfach „Rassismus!“ krähen können und es dabei belassen. Passiert weiß Frigg oft genug.

Wie schon Stefanie von Schnurbein meinte: Derlei Gedankengut ist ob seiner Allgegenwart perfider und invasiver als die besten Absichten.

Und Hans Schuhmacher konstatiert: „Nicht etwa Naturreligiöse der 80er Jahre schufen eine nationalistisch-rassistische, verklärte Vergangenheit. Sie fanden sie bereits vor und hielten sie für die historische Wahrheit – da man ihnen ja auch von nahezu allen Seiten die Richtigkeit dieser Annahme bestätigte. (…) Die Öffentlichkeit, die dann die Alarmglocken läutete, aber zumeist beispielsweise am deutschen Staatsbürgerrecht nicht das Geringste auszusetzen fand, prügelte vehement auf ihren eigenen Schatten ein.“ (Quelle: http://www.rabenclan.de/index.php?n=Magazin.HansSchuhmacherNationalismus03)

Es gilt demnach, aufzupassen und die eigenen Meinungen konsequent zu hinterfragen.

Glaube

In der Hoffnung, dass ich den Elan nicht verliere, ist dies Post 1 von 3 zum Thema Heidentum.

Passend zum Thema: Frau mit Buch, sog. Sappho-Fresko, Pompei. Ausgeliehen bei Wikimedia Commons.

Glaube oder Verehrung?

Im Verlauf meiner Recherchen zu Albenerbe fiel ich bei einer rekonstruktionistischen Vereinigung zum Thema Religio Romana über das schöne Wort „Orthopraxie“. (Der originale Link ist leider nicht mehr auffindbar.)

Demnach sei das Christentum vom rechten Glauben, der Orthodoxie, geprägt, von orthos (recht, richtig), und doxa (Meinung). Der Streit darüber, was ein korrekter Glaubensinhalt ist, führte zur Aufsplitterung des Christentums in zahlreiche Konfessionen.

Aber wir müssen uns gar nicht über die Natur der Dreifaltigkeit streiten. Selbst wenn ich noch so brav im nächstenliebenden Sinne bin: Sobald ich nicht an Gott glaube, ist das mit der Erlösung nicht garantiert. Daher auch (stark verkürzt) der Missionsanspruch des Christentums – denn Teil der Nächstenliebe ist ja, dass ich anderen die Möglichkeit gebe, nach Ende ihres Lebens ebenfalls erlöst zu werden.

Hingegen sei die antike römische Religion eine Religion der korrekten Verehrung gewesen. Wie sich die Einzelperson eine Gottheit oder einen Genius Loci vorzustellen hatte, war nicht festgelegt. Viel wichtiger war, dass diesen Wesenheiten Respekt gezollt wurde. Denn sie befanden sich in der Welt – waren also keineswegs „überirdisch“, sondern real handelnde Wesenheiten – und würden die Verehrung mit ihrer Gunst zurückbezahlen, in Form einer sicheren Reise, einer guten Ernte, einer Genesung, Kriegsglück oder was auch immer.

Dass diese Wesenheiten keinesfalls allmächtig waren und ihre Interessen sich teilweise widersprachen, stand dabei außer Frage. Sonst würde ja allen Menschen, die opfern, alles immer gelingen. Diese Wesenheiten konnten aber Hinweise auf die beste Entscheidung geben, wenn eins sie korrekt um Hilfe bat – daher die ausgeprägte Wahrsagepraxis der römischen Antike.

Was glaub ich da eigentlich?

Nachdem ich im Zuge der Recherchen für Lokis Fesseln beim Nornirs Aett zum zweiten Mal über die Bemerkung gestolpert war, dass Religion nicht unbedingt einen Glauben beinhalten muss, wurde mir klar, dass mich das die ganze Zeit gestört hatte: Ich habe Schwierigkeiten, religiöse Versprechen zu glauben.

Das verhindert keineswegs, dass ich anderen Mist glaube – unsere Gesellschaft ist voll von Glaubenssätzen („Doxa“). Die Inhalte vieler Doxa widersprechen den hehren Zielen der Menschenrechte teils diametral und haben sich auch bei mir festgesetzt. Als da wären, dass es ohne Kapitalismus nicht gehe (wobei der Sozialismus als Gegenentwurf längst ausgespielt hat) und jede*r des eigenen Glückes Schmied sei. Dass arme Menschen tendenziell dumm und die meisten dicken Menschen faul seien und daher irgendwie Verachtung verdienen. Dass Ethnie, Kultur und Religion das Gleiche seien und sich menschliche Kulturen daher in ihrer Essenz fundamental unterscheiden – eine Weiterentwicklung des Rassismus, der auch Ethnopluralismus genannt wird. Und allerlei Unfug mehr.

Aber auch, dass Religion einen Glauben beinhalten muss. Oder dass Geist und Materie getrennt sind. Auch viele Kategorien (wie beispielsweise „Zivilisation“, „Natur“, „sexuelle Orientierung“) werden als absolut und gegeben hingenommen, und werden damit zu einer Art Glaubenssatz.

Ohne Kategorien zu denken, ist unmöglich, möchte eins nicht immer bei Null anfangen. Ich kann aber hinterfragen, woher sie kommen und was sie bedeuten.

In diesem Fall habe ich meinen Glauben aufgegeben, dass eine Religion einen Glauben beinhalten muss. Am Rest arbeite ich.

PSA: Die Ace Community Umfrage läuft

Die Ace Community Survey ist seit mittlerweile Jahren eine feste Institution in der Ace-Welt. Schon seit einer Weile hat die Umfrage sprachlich expandiert, es gibt also einen deutschen Fragbogen, auch für dieses Jahr.

„Asexual Pirates are not interested in your booty.“ – Ggf. finden sie aber deine Erfahrungen in einer heteronormativen Welt super faszinierend, egal welche sexuelle Orientierung du hast.

„Es ist wieder so weit – wir sind auf der Suche nach Menschen, die an der Ace Community Umfrage teilnehmen möchten! Die Ace Community Umfrage wird vom Ace Community Survey Team – einer community-basierten Ehrenamtlichen-Organisation – in Zusammenarbeit mit der Northwestern University (Evanston, Illinois, USA) durchgeführt. Sie sammelt wichtige Informationen zur Demografie und den Erfahrungen von Menschen in der ace Community (“ace” als zusammenfassender Begriff für Menschen, die sich als asexuell, demisexuell, grau-asexuell oder einer anderen Orientierung des asexuellen Spektrums identifizieren).

Die Teilnehmenden haben außerdem die Möglichkeit zu entscheiden, ob ihre Daten auch externen Forschenden zur Verfügung gestellt werden sollen oder ausschließlich unserem Team.

Die Umfrage ist offen für alle Personen, egal ob ace, nicht ace oder noch unsicher. Die einzige Voraussetzung ist ein Mindestalter von 15 Jahren. Da wir möglichst viele Menschen erreichen wollen, um die Diversität der Community möglichst gut einzufangen, freuen wir uns sehr, wenn der Link zu dieser Umfrage mit weiteren, potentiell interessierten Personen oder ace Communitys geteilt wird.

Hier geht es direkt zur Ace Community Umfrage 2024.

Alle Ergebnisse der Umfrage werden unter https://acecommunitysurvey.org veröffentlicht und können dort eingesehen werden. Automatische E-Mail Updates über neue Ergebnisse oder Ankündigungen (meist englisch) können hier abonniert werden.“

Should auld acquaintance be forgot … oder: Abschied vom Amt

Ein Amt ohne Stempel? Undenkbar.

Es war 2014, als ich über eine ziemlich geile Idee stolperte, die Hagen Ulrich, Autor von Vampirromanen, hatte. Wenn in Deutschland alles verwaltet wird, muss es auch Vorschriften für magische Wesen geben. Und ein Amt, das sich um alles kümmert. Also, das Bundesamt für magische Wesen: Platz für gehobenen Nonsens und Satire.

Nicht nur ich fand die Idee anfangs sehr klasse, es entstanden bis 2016 zwei kleine Anthologien, ich schrieb einige Blogbeiträge für die zugehörige Internetseite. Ich half einmal beim Verkaufsstand bei der RingCon und beim CSD Köln aus.

Finanziell gelohnt hat sich das nie, aber ich hatte, als so langsam die Begeisterung in der restlichen Fantasy-Schreib-Szene nachließ und ein Verlag gegründet wurde, ein paar Aufträge für Lektorate.

Aber gleichzeitig fing es an zu knirschen.

Strike 1: Sprachverbote?

Da lieferte sich der Amtsleiter auf Twitter ein Gefecht mit mir lieben Kolleginnen ums Thema rassistische Ausdrücke. Nun bin ich grundsätzlich dagegen, irgendwelche Wörter zu verbieten und weiß durchaus, was Rollenprosa ist. Aber im Alltag tut es echt nicht weh, „Schokokuss“ oder „Schaumkuss“ zu sagen statt rassistische Ausdrücke zu reproduzieren, wenn es nicht absolut nötig ist. Ich kann mich noch lebhaft dran erinnern, dass ich mich als etwa Zwölfjährige über die geänderte Aufschrift auf einer Süßkram-Box wunderte, woraufhin mir meine Mutter erklärte, dass das M-Wort halt in dem Fall eine Beleidigung sei und dass man das nicht mehr sagen sollte. Und damit war die Sache bzw. der Schokokuss für mich gegessen. Damit will ich nicht behaupten, ich hätte keinen Rassismus verinnerlicht, aber zumindest in dem Fall hat’s gewirkt und ich vermisse im Alltag auch nichts.

Ich muss keinesfalls, um mich gegen ein vermeintliches Sprachverbot zu wehren, diverse rassistische Ausdrücke in meine Twitter-Timeline werfen, wie es der Amtsleiter tat. Da sehe ich dann keine Satire mehr, das ist, bestenfalls, Trotz.

Strike 2: Die TERF-Diskussion

Mit einer unreflektierten Verteidigung von J. K. Rowling ging es weiter. Wieder erst mal bei Twitter. Eine geschätzte Kollegin teilte irgendwas über Rowlings Trans-Feindlichkeit, die Amtsleitung widersprach, dass Rowling keineswegs transfeindlich sein, ohne sich um die Fakten zu kümmern. Im Grunde habe ich die Zerlegung ihrer angeblich nicht transfeindlichen Streitschrift nur geschrieben, damit alle (inklusive Amtsleitung) blicken, dass das Traktat transfeindlich ist. Ob das gelungen ist, bleibt dahingestellt. Ich wage es zu bezweifeln.

Strike 3: Sind Content Notes einfach nur Mimimi?

Ich muss gestehen, ich mag Content Notes. Ich lese viel Fanfiction, und sehr gern bei AO3, da dort ausführlich getaggt wird. Ob es um Beziehungskisten oder verschiedene Arten von Gewalt oder anderen Probleme geht: Es gibt halt einfach Tage, an denen ich keinen Bock auf Thema Wasauchimmer habe, und dann kann ich den Text wann anders lesen oder ihn fürderhin gepflegt ignorieren. Ich selbst weiche beispielsweise sehr viel heterosexuellem und heteronormativem Content aus, weil ich das im echten Leben schon genug habe.

Ich kann also verstehen, dass das Menschen auch in Büchern schätzen. Zumal es bei mir „kein Bock auf“ ist und andere vielleicht, sagen wir, tatsächlich schwierige Alkoholiker*innen in der Familie haben und dann nicht unbedingt aus dem toten Winkel mit Alkoholismus konfrontiert werden wollen. Das Leben ist ohnehin schon mies genug. Es ist meiner Meinung nach okay, wenn sich Menschen ihre Freizeitbeschäftigung kuratieren möchten und ebenfalls für sie anstrengenden Themen lieber ausweichen.

Sich dann darüber lustig zu machen, dass manche Leute Content Notes schreiben oder ebensolche ihren Romanen voranstellen und die „Generation Mimimi“ das auch noch gut findet oder gar darum bittet — das finde ich schlechten Stil. Oder vielleicht ist es Neid, weil es das früher nicht gab? (Manchmal hätte ich das als Teenie wohl brauchen können.)

Jedenfalls finde ich diese Art von Spott weniger Satire, als sich Applaus von Rechts einzusammeln, indem auf einer Praxis rumgehackt wird, die a) nicht verpflichtend ist und b) in modern-linker Manier die Zugänglichkeit zu Texten verbessern möchte.

Ähnlich läuft das für mich mit dem Gendern. Tu es oder lass es bleiben, aber wenn du Applaus dafür möchtest, dass du es Scheiße findest: Dann kriegst du kein Geld von mir, wenn ich es vermeiden kann.

Fazit

Die rechte Rhetorik hat da wohl verfangen, wenn sich die Amtsleitung von irgendeiner Sprachpolizei verfolgt fühlt? Alternativ könnte ich als Begründung für das völlig unaltersgemäße Trotzverhalten Neid auf die (jungen) Kolleginnen vermuten, bei dem ein nicht unerhebliches Maß Misogynie mitspielen dürfte.

Jedenfalls gehöre ich nicht mehr zu so einem Amt.


Bildquelle: User:KMJ, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons

Jahresabschluss / Gelesen 2023

Dafür, dass ich hier wenig gepostet habe, bin ich ganz gut zu Veranstaltungen rumgekommen in 2023. Während es kein Schreibjahr in dem Sinne war, schaue ich doch recht zufrieden auf die politischen Aktivitäten zurück und all die Menschen, die ich dadurch kennenlernen durfte.

Und ich weiß, dass meine links/liberal/grün/woken Bubbles mit einem zuversichtlichen und einem besorgten Auge nach vorn blicken.

Privat war auch in bisschen Nerverei.

Und ich selbst hatte mit insgesamt fünf Infekten, davon einmal Corona und einmal wahrscheinlich Grippe, zu kämpfen, was die Promo für meine einzige Neuerscheinung, nämlich das zweite Beweisstück, sehr beeinträchtigte. Zumal das mitherausgebende Tenna zu dem Punkt ebenfalls aus anderen Gründen indisponiert war. (Da weiter gute Besserung den restlichen Zipperlein, mein Liebes.)

Meine Frau Mama allerdings hatte es geschafft, sich dieses Jahr einen Posteriorinfarkt (einen Schlaganfall) zuzulegen, was ihre Sehkraft zunächst massiv beeinträchtigte. Sie durfte einige Monate nicht Auto fahren, weshalb ich gelegentlich Taxi spielte. Ich weiß jetzt, dass ich den zu spät erkannten Risikofaktor geerbt habe. So die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahrzehnten noch einigermaßen funktiniert, werde ich wohl relativ früh relativ hohe Dosen Cholesterinsenker brauchen.

Nu ja. Aber immerhin sind sie, bis auf eine zu beerdigende Katze (nicht meine), alle noch da.

Damit wünsche ich allen einen guten Jahresanfang 2024.

Und nun zur klassischen Leseliste, die dieses Jahr eher kurz ausfiel, da ich noch mehr Fanfiction gesuchtet habe als üblich. Was mit dem besorgten Auge von oben zu tun haben dürfte. (Die besten Transformers-Fanfics sind immerhin diejenigen, in denen ein Krieg auf überzeugende Art endet oder abgewendet wird.)

Christian von Aster: Bromley. Ein metafiktionaler, äußerst amüsanter Agentenroman. Der Autor eines Thrillers wird entführt, und es liegt an der Hauptfigur Bromley, seinen Schöpfer zu retten. Ein aberwitziges Abenteuer zwischen den Zeilen und unter Fußnotenluken entspinnt sich.

Leigh Bardugo: Das Gold der Krähen. Dies ist die Fortsetzung von Das Lied der Krähen. Wo der erste Band vordergründig ein klassischer Heist war, haben wir es hier eher mit einem Fantasy-A-Team zu tun. Diesmal gilt es weniger, etwas zu stehlen, als die komplette Zunft der Grisha in Ketterdam und anderswo zu retten.

Duke Meyer: Küss die Hand, Gnä‘ Sau. Duke Meyer wirft einen ganz persönlichen Blick auf nordische und altgermanische Gottheiten. Seitdem schaue ich Sigyn anders an und Lokis Fesseln wäre wahrscheinlich ein bisschen anders verlaufen, wenn ich das Buch vorher gelesen hätte (aber anno 2019 war es noch nicht erhältlich).

Heike Schrapper: Der Prinz und sein Monster. Ein Märchen vom Loswerden. Liebevoll illustriertes Märchen von einem Prinzen, der plötzlich ein Monster auf seinem Rücken sitzen hat. Ob es sich hier um eine Parabel über Depressionen oder vielleicht chronische Schmerzerkrankungen oder etwas anderes handelt, mögen die geneigten Lesenden selbst entscheiden.

Holger Much und Florentine Joop: Und wenn wir nicht gestorben sind … (Bruderherz). Ein Mix aus Briefwechsel und gemeinsam verfasstem Märchen mit Illustrationen. Das Märchen ist das, was ich vermute, das Märchen ursprünglich mal waren: Gruselgeschichten für Erwachsene, in diesem Fall mit philosophischem Extra. Die umrahmenden Briefe geben dem Ganzen eine persönliche Note, mal nachdenklich, mal amüsant.

MaroHeft #8, Anna Lühmann und Anna Geselle: Know Your Enemies. Neue alte Rechte Denker. Die Autorin knöpft sich Vordenker der rechten Szene vor, während sich die Illustratorin mit unserem rechten Erbe aus Kolonial- und Nazizeit beschäftigt. Empfehlenswerter Einstieg ins Thema.

Hannah McCann: Queer Theory Now. Der Text liefert (auf Englisch) einen Schweinsgalopp durch die Queer Theory, von ihren Wurzeln in der feministischen, antirassistischen und Schwulen- und Lesben-Bewegungen zu dem, was heute so veröffentlicht wird. Dabei zeigt sie angenehm entspannt Zusammenhänge auf und spart auch die Fallstricke mancher Denkweisen nicht aus.

Germaine Paulus: Und die Moral. Ein Thriller. Der erste Band, Pfuhl, um den Ermittler Gerd Wegmann ist ein absichtlicher Schundroman. Und die Moral ist ein bisschen ernsthafter in seinem Blick auf die sexuellen Befindlichkeiten und dazugehörigen moralischen Urteile der Bundesdeutschen, und dazu noch sauspannend.

Benno Gammerl: Queer. Eine deutsche Geschichte vom Kaisserreich bis heute. Auch hier ein Schweinsgalopp, diesmal durch die deutsche Geschichte. Benno Gammerl zeigt langfristige Entwicklungen, Erfolge und Niederlagen der queeren Bewegung in Deutschland auf, hauptsächlich allerdings die der Schwulen- und Lesben-Community, da diese immer stärker im Fokus der Rechtssprechung standen. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine vollständige Betrachtung, aber es gibt auf jeden Fall was dazuzulernen – vor allem in Sachen: „Wie alt ist diese Rhetorik eigentlich?“

Dorothe Reimann: Mannaz – Die Sippe. Roman. Richtige „Fantasy“ ist die Geschichte noch nicht, ich würde es eher in den magischen Realismus oder gegebenenfalls nach Mystery einsortieren. — Eine alleinstehende Kunstschmiedin und ihre lernbehinderte Schwester müssen aus ihrer alten Bude raus und gründen mit ein paar anderen Gleichgesinnten eine Kommune. Dass es dabei ab und zu menschlich hakt, ist klar. Aber die frisch gegründete „Mannaz-Sippe“ scheint auch einen übersinnlichen Gegenspieler zu haben … Wie immer spannend, auch wenn Dorothe Reimanns reduzierter Stil für manche Fantasy-Fans wahrscheinlich etwas gewöhnungsbedürftig ist.

Christian von Aster: Harem der verschleierten Geschichten. Orientalisches oder orientalistisches Märchen? Eigentlich will ich ja alles vom Herrn von Aster gut finden. Zu meinem Zwiespalt gibt es einen eigenen Blogeintrag.

Tommy Krappweis: Mara und der Feuerbringer (alle drei Bände). All-age-Fantasy. Teenie Mara Lorbeer begegnet einem sprechenden Zweig: Sie sei eine Seherin und nur sie könne verhindern, dass Loki sich von seinen Fesseln losreißt und den Weltenbrand, Ragnarök, auslöst. Ein sehr amüsantes, schön recherchiertes und saumäßig spannendes Abenteuer.

Lisa Jaspers, Naomi Ryland und Silvie Horch (Hrsg.): Unlearn Patriarchy. Eine Aufsatzsammlung. Machthierarchien begegnen uns offensichtlich in Sprache, in Rassismen, in Behindertenfeindlichkeit, im Bildungssystem, beim Geld. Aber auch beim Sex und in der Familie, dem angeblich zuverlässigen Rückzugsort. Und wie kann ich Macht verlernen? Die einzelnen Texte werfen je einen Blick auf ein Thema, sind sich dabei nicht immer einig, geben immer Denkanstöße und brauchen auf jeden Fall einen Re-Read, sobald die erste Person damit durch ist, der ich den Band ausgeliehen habe.

Fabian Sommavilla: 55 kuriose Grenzen und 5 bescheuerte Nachbarn. Der Autor wirft einen Blick auf Grenzen und deren Historizität. Grenzen und ihre Verläufe sind das Produkt von Kriegen und Verträgen und keinesfalls eben „schon immer so gewesen“. Ein Sachbuch für Menschen, die Geographie mit der zugehörigen Historie mögen.

Mythen, Bibel, Märchenbuch

Derletzt fand in eine von mir besuchte queere Runde eine Person, die sich als fromm evangelisch entpuppte. In derselben Runde ist es selten, dass sich wer so offen zum gläubigen Christentum bekennt.

Jedenfalls spielte ich dreißig Minuten lang Taxi nach Hause, der betreffende Mensch war recht gesprächig, und so beklagte er unter anderem, dass ihm bei einer Gelegenheit gegenüber knallhart gesagt wurde, die Bibel sei ein Märchenbuch. Also nicht nur so im Internet, sondern direkt ins Gesicht.

Woher kommt der Vergleich von Bibel und Märchen?

In unserem Kulturkreis findet das Wort „Mythos“ selten in seiner ursprünglichen Form Verwendung. Das DWDS spricht von „mündliche oder auch schriftliche, sagenhafte Überlieferung der Vorstellungen eines Volkes aus seiner Vorzeit, besonders über die Welt, Götter und Menschen“. Das alte Rom, gegen dessen Religion sich das Christentum am vehementesten zu wehren hatte, kannte zahlreiche Mythen, das antike Griechenland sowieso (mit sich widersprechenden Weltentstehungsgeschichten zudem), genau wie alle anderen Kulturen außenrum auch. Und niemand von den Menschen damals „glaubte“ im klassischen christlichen Sinne irgendetwas, verehrt wurde oftmals ein buntes Mit- und Nebeneinander. (Von Hans Schuhmacher gibt es einen kurzen Abriss darüber, was immanente Gottheiten bedeuten, beim Rabenclan.)

Uneindeutige Aussagen sind jedoch ein Gräuel für das Christentum, in dem „Glaube“ an eine bestimmte Lehre und vor allem eine bestimmte Gottesvorstellung so wichtig ist, dass immer wieder Schismen auftraten. Die ältesten noch erhaltenen Abspaltungen von dem, was mal Katholizismus und Orthodoxie und die Evangelischen und Reformierten Kirchen und was nicht all werden würden, sind wohl die Armenische Apostolische Kirche und die Koptische Kirche. (Bei einer geführten Reise nach Armenien versuchte die Reiseleitung den Unterschied der Varianten zu erklären. Ich habe einen Aufsatz darüber gelesen, worüber sich Orthodoxie und Katholizismus verkracht haben. Ich verstehe beides nicht.)

Und na ja, die meisten modernen liberalen Christ*innen werden wohl Mythen wie die Vertreibung aus dem Paradies oder das mit Noahs Arche als solche benennen (oder als Gleichnisse oder bildhafte Beschreibung eines Glaubensinhalts oder wasauchimmer, aber nicht! als Sage), aber Jesu Leben und Auferstehung muss eins als mindestens spirituellen Fakt annehmen, sonst kann eins das mit dem Christentum mit seinem Gepoche auf Glauben auch gleich sein lassen.

Demnach hatte das Christentum über Jahrhunderte nichts Besseres zu tun, als all die anderen Mythen, gegen die es antrat, lächerlich zu machen und/oder als Aberglaube zu verunglimpfen. Haha, die haben geglaubt, dass da ein Typ mit Flügeln an den Fersen die Seelen Verstorbener in die Unterwelt bringt. Oder dass ein Typ auf einem Berg sitzt und Blitze schleudert. Wie rückständig.

Bestenfalls waren solche Mythen noch als Sagen akzeptabel. (Homer! Ovid! Sogenannte klassiche Bildung und so …) Aber in der heutigen Welt ist die Unterscheidung zwischen Sage und Märchen nicht mehr genau gezogen, zumal sich das Personal manchmal nicht unterscheidet. Die nordische Mythologie hat jedenfalls mehr Zwerge zu bieten als die sieben bei Schneewittchen.

Und all die Jahrhunderte der Weigerung, die eigene Heilige Schrift als die Mythensammlung zu akzeptieren, die sie ist, und die gleichzeitige Diffamierung anderer Mythen als „bestenfalls Sagen“ oder gleich als Märchen ist dann meiner Mitfahrperson auf unschöne Weise auf die Füße gefallen.

Die Moral von der Geschicht‘ darf sich das geneigte Publikum selbst zusammenbasteln oder es sein lassen.


Bild: Poetin von Pompeji via Wikimedia Commons.

Lektüre mit Fragezeichen

Ich habe 2023 zu viel Fanfiction gelesen (aber immerhin auch welche veröffentlicht). Eins der Bücher, die ich zur Hand nahm, war Christian von Asters „Harem der verschleierten Geschichten“. Grober Inhalt: Ein Dichter wird von einem offenbar begüterten, aber namenlosen Fremden beautragt, Geschichten aus dem Harem des Sultans zu erzählen. Nach einigen Wirrungen gelingt es dem Dichter, den verbotenen Ort zu erspähen. Er lauscht den darin lebenden Damen und schreibt von sechs die Geschichte auf (oder zumindest, was wer glaubt, dass ihre Geschichte ist).

Ab jetzt Spoiler, wer also lieber selbst liest, klicke „zurück“.

CN: Alles, was ein „Harem“ so impliziert.

Wie von Herrn von Aster gewohnt ist die Prosa so gedrechselt wie sinnenfroh, und die farbigen Illustrationen dazu können sich ebenfalls gut sehen lassen.

Am Ende stellt sich heraus, dass der Sultan selbst den Auftrag gab, da er in seiner Position nicht in der Lage ist, mit den Frauen in seinem Harem auf Augenhöhe zu sprechen und daher auch nicht sicher sein kann, dass sie ihm ihre ehrliche Meinung sagen bzw. ihre wahre Lebensgeschichte erzählen. (Wobei wie gesagt offen bleibt, ob der Dichter sich nicht einfach was zusammendichtet.)

So weit ist die Lehre daraus nachvollziehbar. Machtgefälle laden nicht gerade zu offener Kommunikation ein. Trotzdem lässt mich der Text etwas kopfkratzend zurück. Die Atmosphäre eines „orientalischen Märchens“ ist mir grade ein bisschen zu Karl-May-artig und zu wenig märchenhaft erzählt, um sie nicht als ernst gemeint (und damit für meinen Geschmack wacklig auf dem Grat des Orientalismus) zu lesen. Zumal „Harem“ — tja. In der Story sitzen die meisten beschriebenen Damen da freiwillig drin. Wie das im 19. Jahrhundert in echt war, ist schwer zu beurteilen, da die Geschichte ja nicht von den Insassinnen geschrieben wurde. Wir haben keine Ahnung, wer da freiwillig war, wer sich dreinschickte und wer lieber woanders gewesen wäre. Hort der Romantik oder Verklärung sexualisierter Gewalt? Beides vermutlich in wechselnden Anteilen. Derlei Ambivalenz fehlt mir bei dem Handlungsort ein wenig.

Angeblich ist das Buch auch ein poetisches Gleichnis über Tücken und Zauber der Schönheit. Bei der Sache stehe ich auf dem Schlauch, muss ich sagen. Könnte daran liegen, dass ich ace bin und auf menschliche „Schönheit“ wohl anders reagiere als das Zielpublikum. Verzaubern muss mich anderes.

Jintöchter: Vorläufig letzte Chance auf Prints

Nach gut fünf Jahren haben die Edition Roter Drache und ich entschieden, die Jinntöchter erst mal ziehen zu lassen.

Ihr habt noch eine Woche Zeit, Prints zu bestellen. Am besten natürlich bei Holger direkt. Ab 1. November 2023 ist vorläufig Schluss!

Wahrscheinlich bekommt der Text ein zweites Leben als E-Buch, es ist aber noch nichts entschieden. Immerhin ist das Thema sowohl weiterhin aktuell als auch in seiner Umsetzung etwas aus der linksgrünwoken Zeit und damit auch meiner persönlichen Entwicklung gefallen. Und ob irgendwer gemerkt hat, dass ich mit dem Roman auch ein bisschen die in Deutschland hauptsächlich von Karl May inspirierte, aber so nette wie faktenbefreite Orientbegeisterung kommentiere, anstatt sie nur zu übernehmen: Keine Ahnung.

Unter dem Haupteintrag zum Buch findet ihr Leseproben und (nicht geprüfte) Links zu anderen Verkaufsstellen.

Die weitere Entwicklung ist auch sehr von meinem Nerven abhängig. Die hängen grade etwas in den Kniekehlen, denn ich hatte Mitte September fünf Tage einen fiebrigen Infekt, und seitdem schlage ich mich mit der zweiten Erkältung rum, die mich jeweils im Abstand von zwei Wochen ereilt hat. Lehre: Ich bin nicht mehr 25. Nach Fieber besser eine Woche oder länger daheimbleiben. *seufz